Menschenrechte würden auch in Deutschland mit Füßen getreten. Auswärtiges Amt soll auffälligen Diplomaten die Immunität entziehen.

Berlin. Die Ausbeutung von Angestellten in europäischen Diplomatenhaushalten ist nach einer Studie des Deutschen Instituts für Menschenrechte kein Einzelfall. Allein in der Bundesrepublik seien von 2008 bis 2010 beim Auswärtigen Amt elf Beschwerden über Verletzungen des Arbeitsrechts eingegangen, teilte das Institut bei der Vorstellung der Untersuchung mit. Die Zahl der Hausangestellten lag demnach im August 2010 bei 249. Für die Studie wurden Interviews mit Vertretern von Außenministerien, Nichtregierungsorganisationen und Anwälten geführt sowie ergänzend Statistiken hinzugezogen.

Rechtsverletzungen von diplomatischem Personal können nicht gerichtlich verfolgt werden, weil Botschafter und Attachés Immunität besitzen. Das Deutsche Institut für Menschenrechte fordert, dass sich die Länder Europas stärker dafür einsetzen, Rechtsverletzungen von Diplomaten auf anderem Weg zu ahnden oder bei der Verhinderung von Ausbeutung mitzuwirken. Das Auswärtige Amt könne beispielsweise die Aufhebung der Immunität des Staatenvertreters beantragen oder ihn zur „persona non grata“ erklären und damit zur Ausreise zwingen. Dass Hausangestellte rechtlich keine Möglichkeit zum Einklagen von Lohn und Schmerzensgeld haben, hat erst Mitte Juni das Berliner Arbeitsgericht bekräftigt. Es wies die Klage der Geschäftsführerin der Hans-Böckler-Stiftung, Heide Pfarr, in Vertretung einer aus Indonesien stammenden Hausangestellten ab. Deren Ansprüche könnten nicht überprüft werden, weil der Diplomat der deutschen Gerichtsbarkeit nicht unterworfen sei, hieß es zur Begründung.

Die Frau habe von April 2009 bis Oktober 2010 die siebenköpfige Familie eines saudi-arabischen Botschaft-Attachés in dessen Privathaushalt versorgen müssen. Die Indonesierin habe sieben Tage pro Woche von sechs Uhr bis teilweise Mitternacht arbeiten müssen. Geschlafen habe sie auf einer Matratze im Kinderzimmer. Zudem sei sie von ihrem Arbeitgeber regelmäßig körperlich misshandelt worden.

Um Personal von Botschaftsmitarbeitern besser zu schützen, gibt es laut Studie in verschiedenen Ländern gute Beispiele. In Österreich müsse ein Bankkonto eröffnet werden, wodurch die ordnungsgemäße Bezahlung kontrolliert werden könne. In der Schweiz müssten die Arbeitgeber dem Personal ein eigenes Zimmer zur Verfügung stellen. Zudem gebe es dort als Beschwerdeinstanz ein Büro, das arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen mit Diplomaten regelt.

Im Oktober 2010 lagen dieser Stelle den Angaben zufolge 55 Fälle vor. Zu dem Zeitpunkt waren in Genf und Bern 533 Hausangestellte registriert. Deutschland hinke bei solchen Maßnahmen deutlich hinterher, kritisierte das Institut. Staatenvertreter seien lediglich verpflichtet, das Arbeitsverhältnis auf der Grundlage von Musterverträgen zu regeln. (epd)