Das DGB- Vorstandsmitglied Buntenbach sagt, Unternehmen müssten sich bei Aus- und Weiterbildung stärker als bisher engagieren.

Hamburg. Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Hubertus Heil, wirft der Bundesregierung vor, den bereits bestehenden Fachkräftemangel noch zu verschärfen. „Die Kürzung in der aktiven Arbeitsmarktpolitik und bei Bildungsmaßnahmen vertiefen die Spaltung des Arbeitsmarktes“, sagte Heil dem "Hamburger Abendblatt" (Freitag-Ausgabe). „Die Fehlentscheidungen von Frau von der Leyen haben zur Folge, dass künftig immer mehr Unternehmen händeringend Fachkräfte suchen, auf der anderen Seite aber viel zu viele Menschen in Langzeitarbeitslosigkeit abgehängt sind.“

Heil reagierte damit auf die jüngste Konjunkturumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), deren Ergebnisse dem Hamburger Abendblatt vorliegen. Demzufolge wollen die deutschen Unternehmen in den kommenden 12 Monaten rund 400.000 neue Jobs schaffen. Zugleich nennen die meisten Unternehmen als größte Gefahr für die Geschäftsentwicklung einen drohenden Fachkräftemangel.

Ähnliche Kritik wie Heil äußerte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach in Richtung der Unternehmen. „Entscheidend ist jetzt, dass der Aufschwung genutzt wird, endlich die Spaltung auf dem Arbeitsmarkt zu überwinden“, sagte die Gewerkschaftlerin dem Abendblatt. „Was wir brauchen, sind gute, angemessen bezahlte sowie sichere Arbeitsplätze und nicht noch mehr prekäre Jobs.“ Wenn die Arbeitgeber einen Mangel an Fachkräften fürchteten, dann müssten sie sich bei der Aus- und Weiterbildung und bei der Herstellung guter Arbeitsbedingungen stärker engagieren. „Außerdem sollten sie sich gemeinsam mit den Gewerkschaften gegen die Kürzungen der Bundesregierung bei Weiterbildung und Qualifizierung stemmen“, forderte Buntenbach.

Die Linke zeigte sich zurückhaltend angesichts der DIHK-Prognose: „Bestünden die 400.000 Jobs größtenteils nur aus Minijobs, wäre die Statistik verfälscht und keiner könnte davon leben“, sagte Parteichefin Gesine Lötzsch dem Abendblatt. Deutschland sei Rekordhalter im Lohndumping in Europa und brauche daher Normalarbeitsverhältnisse mit guten Löhnen, von denen Familien leben könnten. „Statt auf Masse sollten wir mehr auf Klasse schauen“, schlug Lötzsch vor.

Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Karl Schiewerling (CDU), wertete die positive Einschätzung der DIHK dagegen als Bestätigung der Wirtschafts- und Arbeitsmarkt-Politik von CDU und CSU. DiePrognose belege auch die Anstrengungen, die die Union gegen den Fachkräftemangel unternommen habe und weiterhin unternehme. Angesichts des Fachkräftemangels gehe es jetzt darum, die Potenziale von Erwerbsfähigen besser zu nutzen, zum Beispiel durch eine weitere Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen. „In einem zweiten Schritt sollten wir über qualifizierte Zuwanderung nachdenken“, fügt Schiewerling hinzu. Grundsätzlich sieht aber auch der CDU-Politiker die Unternehmen mitverantwortlich für den Kampf gegen den Fachkräftemangel. „Bei dem Aspekt der Aus- und Weiterbildung ist auch ein Engagement der Wirtschaft mitgefragt“, sagte Schiewerling dem Abendblatt. (gau)