Verteidigungsminister zu Guttenberg will seinen Doktortitel dauerhaft ablegen. Nun bat er die Uni Bayreuth, den Titel zurückzunehmen.

Berlin. Der wegen Plagiatsvorwürfen massiv unter Druck stehende Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg will seinen Doktortitel dauerhaft nicht mehr führen. Dies kündigte der CSU-Politiker am Montagabend bei einer Wahlveranstaltung im hessischen Kelkheim bei Frankfurt an. Er hat die Universität Bayreuth gebeten, seinen Doktortitel zurückzunehmen. Zur Begründung habe er auf „gravierende, handwerkliche Fehler“ in seiner Dissertation hingewiesen, teilte die Universität am Montagabend mit. Sie sei aber dennoch verpflichtet, die Rechtmäßigkeit der Doktorarbeit zu prüfen.

Guttenberg räumte erneut Fehler bei seiner Dissertation ein: „Ich habe Fehler gemacht, ich habe sie nicht bewusst gemacht“, sagte er. Er wies erneut die Vermutung zurück, die Arbeit nicht selbst geschrieben zu haben. „Ich habe diese Arbeit selbst geschrieben. Ich stehe dazu, aber ich stehe auch zu dem Blödsinn, den ich geschrieben habe.“

Guttenberg wolle trotz des Sturms der Kritik seine Aufgabe für die Bundeswehr erfüllen. Beim erneuten Lesen der Dissertation über das Wochenende habe er selbst Fehler gesehen, fügte er bei seiner ersten öffentlichen Rede seit Beginn der Affäre hinzu. Er habe „an der einen oder anderen Stelle den Überblick über die Quellen verloren“.

Er entschuldigte sich bei allen, die er durch seine Fehler verletzt habe – auch bei seinem Doktorvater. „Die Entscheidung, den Doktortitel, nicht zu führen schmerzt“, sagte zu Guttenberg. Schließlich habe er sieben Jahre in die Arbeit investiert. In Berlin hatte er am Freitag erklärt, er verzichte nur bis zum Ende der Untersuchung durch die Universität Bayreuth auf den Titel: „Ich werde gerne bis zum Ergebnis dieser Prüfung vorübergehend, ich betone vorübergehend, auf die Führung des Titels verzichten.“ Diese Einschränkung machte er jetzt nicht mehr. Zugleich versuchte zu Guttenberg, die Krise durch Witz zu überspielen. „Hier steht das Original, kein Plagiat“, sagte er vor etwa 900 unionsnahen Zuhörern, die ihn begeistert feierten. „Ich bin nicht als Selbstverteidigungsminister gekommen.“ Vor der örtlichen Stadthalle forderte ein halbes Dutzend Demonstranten den Rücktritt des Ministers.

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) stärkte zu Guttenberg den Rücken. Dieser sei eine der „herausragenden Persönlichkeiten der deutschen Politik“, sagte Bouffier. „Wir wollen, dass das so bleibt.“ Guttenberg griff auch die Medien an, für die die Doktortitel-Affäre wichtiger sei als der gleichzeitige Tod von drei deutschen Soldaten in Afghainstan. „Es kann keine bedrückendere, traurigere Nachricht geben als das“, sagte er. Er wies die Kritik daran zurück, dass er seine Frau Stephanie vor Weihnachten zu einem Truppenbesuch nach Afghanistan mitgenommen habe. Vor dem nächsten Weihnachtsfest werde er sie wieder mit an den Hindukusch nehmen, bekräftigte Guttenberg frühere Ankündigungen.

Auch die CSU hat sich hinter Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg gestellt – auch ohne dessen Doktortitel. „Karl-Theodor zu Guttenberg braucht keinen Doktortitel, um sein Amt auszuüben“, sagte CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich am Montagabend nach Angaben seines Sprechers in Berlin. „Guttenberg weiß, dass die Soldaten und die Bevölkerung ihm vertrauen und er dafür auch keine akademischen Titel benötigt.“

Billige Polemik und Hetze seien das Geschäft der Opposition. Guttenberg nehme dagegen seine Pflicht und Verantwortung als Verteidigungsminister wahr. Zuvor hatte Guttenberg seine Universität Bayreuth nach deren Angaben um Rücknahme seines Doktortitels gebeten. Bei einer CDU-Veranstaltung in Kelkheim bei Frankfurt am Main erklärte er, beim erneuten Lesen seiner Doktorarbeit über das Wochenende habe er Fehler gesehen. Er habe „an der einen oder anderen Stelle den Überblick über die Quellen verloren“, fügte er bei seiner ersten öffentlichen Rede seit Beginn der Affäre hinzu. Guttenberg sagte aber zugleich, er wolle trotz des Sturms der Kritik seine Aufgabe für die Bundeswehr erfüllen. Bei einer abendlichen Sitzung der CSU-Landesgruppe sprach Friedrich Guttenberg im Namen der CSU-Bundestagsabgeordneten nach Teilnehmerangaben seine Unterstützung aus. Der Minister mache einen „super Job“. Deutschland brauche zu Guttenberg. Dieser arbeite nicht als wissenschaftlicher Assistent für die Bundesregierung, sondern als Minister. Und als solcher arbeite er hervorragend unter anderem an der Reform der Bundeswehr, sagte Friedrich ähnlich wie zuvor Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Unterdessen zieht das mutmaßliche Plagiat und die Affäre um Karl-Theodor zu Guttenbergs (CSU) Doktorarbeit weitere politische Kreise. Das Wort Rücktritt kommt dabei immer häufiger vor. Während die Internetgemeinde von „Copygate“ und vom „Plagiator“ spricht, lastet enormer Druck auf der Untersuchung der Universität Bayreuth. Gerüchte um einen Ghostwriter machen die Runde, während Guttenberg-Anhänger sich bei Facebook versammeln. Die Guttenberg-Gegner sammeln ebenfalls im Internet Hinweise auf ein Plagiat bei guttenplag.wikia.com .

Der Münchner Jura-Professor Peter Landau hält es für unausweichlich, dass Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) der Doktortitel aberkannt wird und dass der Minister dann zurücktritt. „Ich kann mir keine andere Reaktion der Universität Bayreuth vorstellen als die Entziehung des Doktorgrades“, sagte der ehemalige Dekan der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität am Montag. Für Landau steht fest, dass Guttenberg in seiner Arbeit eine unrichtige ehrenwörtliche Erklärung abgegeben hat – entweder, weil er vorsätzlich nicht alle Quellen angegeben hat oder weil jemand anderes an der Arbeit mitgearbeitet hat. Und dann sei „kaum vorstellbar“, dass Guttenberg im Amt bleibe.

Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Eingreifen auf. Er bat Merkel, Guttenberg „zum eigenen Schutz und aus Respekt vor dem Amt des Verteidigungsministers abzuberufen“, bis die Vorwürfe endgültig aufgeklärt sind. Die gegenwärtige Aufarbeitung der Affäre sei „für alle beteiligten Seiten unangemessen“. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sagte: „Ein Minister stürzt nur, wenn es die eigene Partei will. Die eigene Partei will es nicht.“ Dies sei „die Meinung der ganzen Basis und der Spitze“.

Seehofer sagte auf die Frage, ob er auch dann weiter zu Guttenberg stehe, wenn sich die Vorwürfe bewahrheiten sollten: „Wenn ich persönlich und meine Partei einem Minister den Rücken stärken und ihm das Vertrauen aussprechen und sagen, wir wollen, dass er weiter für Deutschland arbeitet, dann gilt es nicht nur für heute, sondern auch für die Zukunft.“ Guttenberg gehe „sehr respektabel mit der Situation um“. Seehofer widersprach Medienberichten, Guttenberg habe Rücktrittsabsichten. Davon habe er ihm gegenüber auch nicht andeutungsweise gesprochen. Sie stünden in ständigen Kontakt und Guttenberg mache auf ihn einen stabilen Eindruck.

Guttenberg soll zahlreiche fremde Textpassagen in seiner Doktorarbeit verwendet haben, ohne sie als Zitate zu kennzeichnen. „Das, was er erklärt hat und wie das weitere Verfahren sich gestaltet, ist o.k.“, sagte Seehofer.

Im Online-Netzwerk Facebook fand ein Forum mit dem Titel „Gegen die Jagd auf Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg“ bis Montagmittag über 110.000 Unterstützer. Die Facebook-Seite war am Donnerstagabend vom Mainzer Medienunternehmer Tobias Huch (29) ins Leben gerufen worden, der auch Altersverifikationssysteme für Erotik- und Porno-Seiten im Web anbietet. Das Forum ist im Web unter der Adresse http://www.facebook.com/ProGuttenberg zu erreichen. „Ich war verärgert darüber, dass die Plagiats-Vorwürfe gegen zu Guttenberg im Netz eine so große Welle erzeugt haben, obwohl es viel wichtigere Themen gibt, etwa die Nachricht von den in Afghanistan gefallenen Soldaten“, sagte Huch.

Die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen wollen die Plagiatsvorwürfe gegen Guttenberg in dieser Woche zum Thema im Bundestag machen. „Es wird eine Aktuelle Stunde geben“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, der „Mitteldeutschen Zeitung“. Zudem müsse der Minister in der Fragestunde des Bundestages Rede und Antwort stehen. Dies kündigte auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, an. Oppermann betonte, er rechne mit einem Rücktritt Guttenbergs. „Die Beweise sind erdrückend.“ (dpa/abendblatt.de)