Die Auseinandersetzung um das jüngste Gedicht von Günter Grass sollte nach Ansicht der Hamburger Autorenvereinigung nur in der Literaturszene geführt werden. „Dass sie in den politischen Bereich überschwappt, mag einem Autor, der erkennbar Lust am Streit hat, vielleicht nicht ungelegen kommen“, sagte der Sprecher der Autorenvereinigung Peter Schmidt am Montag mit Blick auf das von Israel verhängte Einreiseverbot für den Literaturnobelpreisträger.

Tel Aviv/Hamburg. Die Hamburger Autorenvereinigung kritisiert Israels Einreiseverbot gegen Literaturnobelpreisträger Günter Grass wegen eines kritischen Gedichts. „Hier geht es um die Freiheit der Kunst, die ein Charakteristikum demokratisch verfasster Staaten ist“, sagte deren Sprecher Peter Schmidt am Montag. Das müsse auch gelten, „wenn ein Kunstwerk nur mit mühevoller Vorstellungskraft und Verwendung von geistigen Gehhilfen als solches wahrnehmbar ist.“

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+++ Das Gedicht: "Was gesagt werden muss" +++

Grass hatte Israel in einem Gedicht vorgeworfen, mit seinen Atomwaffen im Iran-Konflik den Weltfrieden zu gefährden. Bei dem Einreiseverbot hatte Israels Innenminister Eli Jischai auf ein Gesetz zurückgegriffen, dass es der Regierung erlaubt, Ex-Nazis die Einreise zu verweigern. Grass hatte in den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges in der Waffen-SS gedient.

Das Einreiseverbot gegen den Literaturnobelpreisträger stößt auch weiter auf Kritik. Der frühere israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, nannte die Maßnahme übertrieben und populistisch. Innenminister Eli Jischai von der strengreligiösen Schas-Partei hatte Grass am Sonntag wegen dessen israelkritischen Gedichts zur unerwünschten Person erklärt. "Ich glaube, dass der Innenminister gar nichts von Deutschland versteht. Er betreibt Innenpolitik. Ich halte das für falsch“, erklärte Primor am Sonntagabend in den ARD-"Tagesthemen“. Für ihn sei Grass kein Antisemit. "Ich weiß, wovon ich spreche.“ Zugleich kritisierte der Diplomat aber auch Grass' umstrittenes Gedicht. Die darin geäußerte Behauptung, Israel wolle den Iran auslöschen, sei lächerlich.

Auch seien die Sorgen der israelischen Regierung berechtigt, dass der Iran Atomwaffen bauen könnte, meinte Primor. Schließlich habe nicht nur der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad sondern auch der oberste Führer des Irans, Ajatollah Ali Chamenei, von der Auslöschung Israels gesprochen.

Israelische Zeitung druckt Grass-Karikatur

In Israel machte sich derweil ein Karikaturist über das Einreiseverbot lustig. Die Zeitung "Haaretz“ veröffentlichte die Zeichnung von Amos Biderman in der Nacht zum Montag. Sie zeigt zwei Männer, die auf einem Hausdach in Tel Aviv einen Joint rauchen. Einer von ihnen sagt mit besorgtem Gesichtsausdruck: "Der Innenminister hat die Einreise (auch: Einfuhr) von Grass nach Israel verboten.“ Darauf gerät der andere Mann ins Schwitzen. Im Vordergrund sind mehrere Marihuana-Pflanzen in Blumentöpfen zu sehen. Im Hebräischen wird Cannabis wie im Deutschen umgangssprachlich als Gras bezeichnet.

+++ "Bei dieser geistigen Verirrung kommt einem die Galle hoch" +++

Der Literat hatte in seinem Gedicht "Was gesagt werden muss“ angeprangert, dass der Iran von einem atomaren Präventivschlag durch Israel bedroht sei, der das iranische Volk auslöschen könne. Er warf Israel vor, als Atommacht den Weltfrieden zu gefährden. Das Gedicht hatte ihm im In- und Ausland den Vorwurf des Antisemitismus eingebracht. Grass hatte sich verteidigt und seinen Kritikern Hass und eine Kampagne gegen ihn vorgeworfen.

Mit Material von dpa