Einstweilige Verfügung: Das Arbeitsgericht Frankfurt hat am Abend den Ausstand der Fluglotsen auf dem Frankfurter Flughafen verboten.

Frankfurt. Wenige Stunden vor einem geplanten Lotsenstreik am Frankfurter Flughafen hat das Arbeitsgericht Frankfurt den Ausstand untersagt. Es erließ am Dienstagabend eine einstweilige Verfügung gegen die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF), die Fluglotsen zu einem Unterstützungsstreik für das Vorfeldpersonal aufzurufen. Eine solche Maßnahme sei unverhältnismäßig, da sie das Gewicht des Hauptstreiks erreichen und zu einem zeitweisen Stillstand des Flugverkehrs führen würde, sagte Richter Matthias Kreutzberg-Kowalczyk.

+++ Wenn der Flieger nicht abhebt: Rechte von Passagieren +++
+++ Erneuter Streik: 80 Prozent der Flieger sollen starten +++

Zuvor hatte die Fraport ein letztes Gesprächsangebot der GdF ausgeschlagen und auf einer Entscheidung des Gerichts bestanden. Ob die Gewerkschaft in die nächste Instanz geht, war zunächst nicht bekannt. Das Landesarbeitsgericht Hessen ging nicht mehr davon aus, noch am Dienstagabend angerufen zu werden, da ein entsprechender Antrag bis 22.00 Uhr nicht vorlag. Die GdF hatte die Lotsen für Mittwoch zu einem sechsstündigen Unterstützungsstreik für die seit knapp zwei Wochen streikenden Vorfeldmannschaften am Frankfurter Flughafen aufgerufen. Die Lotsen sind Beschäftigte der bundeseigenen Deutschen Flugsicherung GmbH in Langen bei Frankfurt, während die Vorfeldmannschaften beim Flughafenbetreiber Fraport beschäftigt sind. Sie waren bislang trotz mehr als 1500 Flugausfällen mit ihren Forderungen nach mehr Gehalt und besseren Arbeitsbedingungen nicht durchgedrungen.

Fraport hatte für den Fall eines Streiks der Towerlotsen am Mittwoch in der Zeit von 5.00 bis 11.00 Uhr mit einem kompletten Ausfall der Flugverbindungen gerechnet. Das Gericht hatte vor allem über die Verhältnismäßigkeit des unterstützenden Arbeitskampfes zu entscheiden.

Fraport führte vor allem Millionenschäden für die deutsche Volkswirtschaft und Störungen des internationalen Flugverkehrs als Argumente gegen die Verhältnismäßigkeit des Solidaritätsstreiks an. Unter den rund 400 am Mittwochvormittag bedrohten Starts und Landungen sind zahlreiche Interkontinentalverbindungen der Lufthansa und zahlreicher anderer Airlines. Lufthansa musste für den Streikfall mindestens 500 Flüge streichen.

Am Mittwoch wollte das Arbeitsgericht auch über die Rechtmäßigkeit des ursprünglichen Streiks entscheiden, der bereits vor knapp zwei Wochen begonnen hatte. Nach zunächst zwei Streikwellen waren die Tarifgespräche zwischen Fraport und der GdF über die Vorfeldbeschäftigten am vergangenen Freitag gescheitert.

Hätte das Gericht den Solidaritätsstreik nicht untersagt, wären davon rund 20 000 Passagiere der Lufthansa betroffen gewesen. Deren Personalvorstand Stefan Lauer sprach am Dienstag von einer neuen Dimension, die das Unternehmen nicht hinnehmen werde. „Wir sind in dieser Auseinandersetzung mit großer Klarheit der Hauptgeschädigte“, sagte Lauer. Passagiere machten im Moment einen regelrechten Bogen um Europas größte Airline.

Die Flugsicherung hatte bereits am Tag internationale Warnungen herausgegeben, dass Frankfurt am Mittwochmorgen bestreikt werden könne. Es seien daher schon weit vor der Gerichtsentscheidung Interkontinentalflüge definitiv abgesagt oder verschoben worden, sagte DFS-Arbeitsdirektor Jens Bergmann. Kurzfristiger Ersatz für die streikenden Towerlotsen hätte nicht gestellt werden können, schon weil nicht ausreichend Ersatzleute mit den entsprechenden Lizenzen verfügbar seien. Die GdF hatte lediglich einen Notdienst zugesagt für Rettungs-, Militär- und Regierungsflüge. Die GdF hat bei der Flugsicherung einen sehr hohen Organisationsgrad, so dass mit einer weitgehenden Beteiligung der Fluglotsen zu rechnen gewesen wäre.

„Es kann nicht sein, dass die Deutsche Flugsicherung, die ein zu 100 Prozent im Bundesbesitz befindliches Unternehmen ist und ein vom Staat garantiertes Monopol ausübt, von der GdF in einen privatrechtlichen Tarifstreit hinein gezogen wird. Dies ist eine zunehmende Unverhältnismäßigkeit des Ausstands“, erklärte der Arbeitsdirektor der Fraport AG, Herbert Mai. „Die GdF-Führung will hier einen Flächenbrand entfachen, der in keiner Weise gerechtfertigt ist“. Die Gewerkschaft sah die Verhältnismäßigkeit bei einem Unterstützungsstreik dagegen gewahrt. Sie wollte mit dem auf Frankfurt beschränkten Lotsenstreik nicht den Flugverkehr in ganz Deutschland lahmlegen. Das würde dem vom Bundesarbeitsgericht verlangten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widersprechen, sagte GdF-Sprecher Matthias Maas der Nachrichtenagentur dpa.

Erneut fielen am Dienstag in Frankfurt rund 200 Flüge aus, etwa 80 Prozent des geplanten Verkehrs fand statt. Seit Donnerstag vorvergangener Woche hat die GdF schon mehr als 1500 Flüge verhindert. Fraport konnte mit Ersatzmannschaften aber einen immer größeren Teil der Flüge aufrechterhalten.

(abendblatt.de/dpa)