Mit der Durchsuchung des ehemaligen Büros von Olaf Glaeseker wächst auch wieder der Druck auf Bundespräsident Christian Wulff. Während die Staatsanwaltschaft noch nicht genau sagen kann, wann mit ersten Ergebnissen zu rechnen ist, werden Rücktrittsforderungen laut. Ermittler hatten nach Privat- und Geschäftsräumen Glaesekers in Niedersachsen am Donnerstag sein früheres Büro im Bundespräsidialamt durchsucht.

Hannover. Nach der Durchsuchung von Räumen des Ex-Sprechers von Bundespräsident Christian Wulff, Olaf Glaeseker, wertet die Staatsanwaltschaft Hannover das sichergestellte Material aus. „Mit dem Landeskriminalamt sichten und untersuchen wir derzeit insbesondere die beschlagnahmten Computerdateien“, sagte am Montag Oberstaatsanwalt Hans-Jürgen Lendeckel. Wann erste Ergebnisse der Ermittlungen vorliegen, könne er nicht sagen, sagte Lendeckel. „Das wird noch eine Weile dauern.“ Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass bis Mitte dieser Woche Unterlagen aus der niedersächsischen Staatskanzlei eingehen werden. „Noch ist nichts da, aber wir erwarten die Akten in Kürze.“ Die Behörde ermittelt im Zusammenhang mit der Lobby-Veranstaltung Nord-Süd-Dialog vor einigen Jahren in Niedersachsen wegen Verdachts der Bestechlichkeit gegen den langjährigen engen Vertrauten Wulffs. Glaeseker war im Dezember von seinen Aufgaben entbunden worden.

Sein Verteidiger Guido Frings vertrat am Montag die Ansicht, dass aus der Durchsuchung im Präsidialamt nicht geschlossen werden könne, dass sich der Verdacht gegen Glaeseker erhärtet habe. Es handele sich nur „um eine Fortführung der bereits durchgeführten und bekannten Durchsuchungsmaßnahmen“. Die Staatsanwaltschaft hatte bereits am 19. Januar Privat- und Geschäftsräume von Glaeseker in Niedersachsen durchsucht. Seitdem habe sich der Verdacht gegen ihn nicht erhärtet, sagte Lendeckel.

Nach der ersten Hausdurchsuchung in der Geschichte des Bundespräsidialamtes wächst indes wieder der Druck auf Wulff. „Wir können ihn nicht zum Rücktritt zwingen. Aber ich halte einen Rücktritt mittlerweile für überfällig“, sagte der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, der „Berliner Zeitung“. Überdies sei Glaeseker ja „nicht irgendein Büro-Bote, sondern der engste Vertraute von Wulff“. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles bezeichnet die Durchsuchung als „einmaligen Vorgang“. Ihr Eindruck sei, dass Wulff die Affäre aussitzen wolle, sagte Nahles dem Nachrichtensender N-TV (Montag). „Er hat es allein in der Hand, daraus die richtigen und notwendigen Konsequenzen zu ziehen.“

Dies sieht auch der niedersächsische SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl, Stephan Weil, so. Wulffs Glaubwürdigkeit sei „in jedem Fall dahin“, sagte der Oberbürgermeister von Hannover am Montag der „Oldenburgischen Volkszeitung“. „Es ist im Moment schwer vorstellbar, dass er eine Rede über Ehrenhaftigkeit oder Wahrheitsliebe könnte.“ Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki, den Wulff nach seiner Rede am Holocaust-Gedenktag im Bundestag in der vergangenen Woche gestützt hatte, hält einen Rücktritt für unausweichlich. „Er muss unbedingt zurücktreten“, sagte der 91-Jährige dem Magazin „Focus“. „Wulff hat offenbar zu hohe finanzielle Ansprüche.“ Deshalb könne er als Politiker nicht unabhängig sein.

(dpa)