Wegen seiner Äußerungen zu Hartz IV kritisiert nun auch EU-Kommissar Oettinger Westerwelle: Der FDP-Chef verdecke die Sachthemen.

Kritik an den Äußerungen von Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) zum Sozialstaat ist jetzt auch in der EU-Kommission laut geworden. „Ich glaube, dass Minister Westerwelle eine Debatte angestoßen hat, die wichtig ist“, sagte der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger dem „Hamburger Abendblatt“ (Sonnabend-Ausgabe). „Allerdings läuft er Gefahr, mit seiner Zuspitzung die Sachthemen eher zu verdecken, die mit dem Karlsruher Urteil zu Hartz IV auf die Tagesordnung gekommen sind.“

Deutschland sei es mit der sozialen Marktwirtschaft gelungen, einen dritten Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus zu finden, lobte Oettinger, der in der EU-Kommission für Energie zuständig ist. „Der wirtschaftliche Erfolg hat es möglich gemacht, das soziale Netz auszudehnen – weiter als in anderen EU-Staaten.“ Wichtig sei allerdings, dass der deutsche Sozialstaat „nicht überfordert wird“.

Westerwelle hatte nach dem Urteil der Verfassungsrichter in der Debatte über die Höhe der Hartz-IV- Zahlungen „eine ziemlich sozialistische Entwicklung“ in Deutschland kritisiert. Er warnte, wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspreche, lade zu spätrömischer Dekadenz ein. Quer durch alle Parteien hagelt es daraufhin Kritik für den FDP-Chef.

Die FDP erfährt trotz der umstrittenen Hartz-IV-Äußerungen ihres Parteichefs in der Bevölkerung wieder etwas mehr Zustimmung. Die Liberalen kämen laut dem Deutschland-Trend der ARD auf zehn Prozent, wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre. Im Vergleich zu der entsprechenden Umfrage vom 4. Februar, in der die FDP noch klar an Unterstützung verloren hatte, wären dies zwei Prozentpunkte mehr. Zugleich gaben aber 69 Prozent der Befragten an, dass ihrer Meinung nach die von Westerwelle begonnene Diskussion über Sozialleistungen die FDP beschädige. 20 Prozent der Bundesbürger vertraten die Auffassung, dass die Partei von der Debatte über die Hartz IV-Sätze profitiere.

Das komplette Interview mit Günther Oettinger lesen Sie Morgen im "Hamburger Abendblatt" oder auf abendblatt.de.