Papst Benedikt und Bundespräsident Horst Köhler sehen in der Finanzkrise durchaus Chancen für ein nachhaltiges Handeln.

Rom. Papst Benedikt Benedikt XVI. hat mit Bundespräsident Horst Köhler in einer Privataudienz über die Wirtschafts- und Finanzkrise gesprochen – und über die Chancen, die daraus auch erwachsen. Er habe Benedikt berichtet, dass die Krise in ihren strukturellen Ursachen noch nicht behoben sei und die Finanzakteure über ein nachhaltiges Handeln noch nachdenken müssten, sagte Köhler am Sonnabend in Rom nach einer knapp halbstündigen Audienz im Apostolischen Palast des Vatikans. Die Krise sei auch eine Chance, „die nicht verschleudert werden darf“. Sie habe gezeigt, „dass Geld auch ein Sprengsatz sein kann für den sozialen Zusammenhalt und die Gemeinschaft“, sagte Köhler, der danach auch Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone traf.

Der Bundespräsident unterstrich, wie wichtig der Papst für all jene Fragen sei, „die Grundlagen für eine bessere Welt schaffen“. Der Kampf „gegen Armut und gegen den Klimawandel sind ein gemeinsamer Kampf für Frieden und für eine lebenswerte Welt“, führte Köhler aus. Beim sonntäglichen Angelusgebet am zweiten Adventssonntag nahm Benedikt den Faden wieder auf und wünschte dem Klimagipfel von Kopenhagen gutes Gelingen. „Morgen beginnt die UN-Konferenz zum Klimawandel. Ich hoffe, dass die Arbeit des Gipfels helfen wird, einen Weg zu finden, Fortschritt und Entwicklung im Sinne einer globalen Solidarität zu fördern, auf dass sie die Würde des Einzelnen und das Gemeinwohl respektieren.“

In der Audienz in der Privatbibliothek des Palastes hatte Benedikt betont, „dass wir unseren Blick weiten müssen über die Europäische Union hinaus“. Das gemeinsame Ziel seien dabei Gerechtigkeit und Frieden in der Welt, zumal Hunger, Armut und Ausbeutung Gefahren mit sich brächten, so Köhler. Er hatte am Vorabend vor einem Konzert in der Sixtinischen Kapelle Benedikts Sozial-Enzyklika hervorgehoben und sich dessen Wunsch angeschlossen, eine „echte politische Weltautorität“ zu schaffen.

„Wir Deutschen wollen, dass es ihm gut geht, wir denken positiv an ihn“, berichtete das Staatsoberhaupt dem deutschen Papst. „Das hat ihn gefreut“, sagte Köhler, der unterstrich, dass Joseph Ratzinger das Oberhaupt der gesamten katholischen Kirche in der Welt ist. Zu Jahresanfang hatte das Zugehen des Vatikans auf die erzkonservative Pius-Bruderschaft mit dem Holocaust-Leugner Richard Williamson auch in Deutschland viel Empörung und Unverständnis ausgelöst.

„Eure Heiligkeit, ich hoffe, Sie haben gut geschlafen“, begrüßte Köhler den Papst, den er bereits mehrfach getroffen hatte, vor der Audienz am Samstagmorgen. Eva Luise Köhler war in schwarz mit einem Schleierhut in den Apostolischen Palast gekommen. Bei dem Wiedersehen nach dem Konzert vom Vorabend brachte der Bundespräsident dem Papst als Geschenk eine Weihnachtspyramide aus dem Erzgebirge mit und hob hervor, „dass diese Tradition noch Bedeutung hat.“ Benedikt schenkte dem Präsidenten einen alten Stich, der den Petersdom zeigt. „Bis zum nächsten Mal“, sagte Köhler zum Abschied. Er beendete damit einen 24-stündigen Besuch in Rom, der am Freitag mit einem Gespräch mit dem italienischen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano begonnen hatte. Ein Treffen mit Regierungschef Silvio Berlusconi gab es dabei nicht.