Bei der Aufklärung der Kunduz-Affäre sieht SPD-Generalsekretärin Nahles Karl-Theodor zu Guttenberg in der Verantwortung.

Berlin. Die Opposition will bei der Aufklärung der Vorgänge um den Nato-Luftangriff bei Kundus auch die Rolle von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem neuen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg beleuchten. Die Angelegenheit sei mit dem Rücktritt des früheren Verteidigungsministers Franz Josef Jung als Arbeitsminister noch lange nicht ausgestanden, sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles in der „Bild am Sonntag“. So bedürfe Guttenbergs Einschätzung des Vorfalls der Aufklärung. „Schließlich hat auch er den Luftangriff als angemessen bezeichnet. Jetzt steht er an vorderster Front“, sagte Nahles. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin warf Merkel vor, Jung zunächst im Amt belassen und gedeckt zu haben. Damit trage sie eine Mitverantwortung.

An einem Untersuchungsausschusses führe kein Weg vorbei, unterstrichen Oppositionsvertreter. Unionsfraktionschef Volker Kauder sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, CDU und CSU würden sich dem nicht in den Weg stellen, wenngleich sie einen solchen Ausschuss nicht für nötig hielten. Auch er sprach von weiterem Aufklärungsbedarf. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, die SPD-Abgeordnete Susanne Kastner, bekräftigte im Radiosender NDR Info: „Es wird einen Untersuchungsausschuss geben.“

Nahles argumentierte, die Bundeswehrsoldaten und die Öffentlichkeit hätten das Recht, die ganze Wahrheit zu erfahren. Das für gefährliche Auslandseinsätze der Bundeswehr unerlässliche Vertrauen in die politische Führung habe durch die Affäre massiv gelitten. Kastner rückte ebenfalls die Rolle von Guttenberg in den Vordergrund. Diesem seien nach eigenem Bekunden Berichte vorenthalten worden. Das Ausmaß von Informationspannen im Ministerium sei „überhaupt nicht vorstellbar“. Es sei schwer zu sagen, ob dies ein Einzelfall gewesen sei, sagte die Chefin des Verteidigungsausschusses, der sich zu dem Fall in einen Untersuchungsausschuss umwandeln dürfte.

Trittin warf der Bundesregierung in der „Berliner Zeitung" vor, mit einer Vertuschungspolitik nach dem umstrittenen Luftangriff habe sie gezeigt, dass sie sich des Engagements in Afghanistan schäme. „Das bringt die Arbeit der Entwicklungshelfer wie der Soldaten in Misskredit, und das senkt die Akzeptanz dieses Einsatzes in der Bundesrepublik.“

Unionsfraktionschef Kauder zeigte sich überzeugt, dass der jetzige Verteidigungsminister zu Guttenberg für eine lückenlose Aufklärung sorgen werde. „Wir wissen jetzt: Es war schon sehr früh bekannt, dass es zivile Opfer durch den Beschuss der beiden Lastwagen nahe Kundus gab. Wieso der entsprechende Bericht geheim gehalten wurde, muss der Bundestag erfahren“, sagte er.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion Peter Altmaier sagte dem Deutschlandradio, angesichts der anstehenden Parlamentsentscheidung über die Verlängerung des Bundeswehr-Mandats in Afghanistan sei der schnelle Rücktritt Jungs wichtig gewesen. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier kündigte im „Hamburger Abendblatt“ an, die Sozialdemokraten würden im Bundestag der geplanten Verlängerung geschlossen zustimmen. Er forderte aber eine Perspektive für die Reduzierung und den Abzug der Truppen aus Afghanistan.

Ex-Verteidigungsminister Franz Josef Jung hatte am Freitag mit seinem Rücktritt als Arbeitsminister die politische Verantwortung für die Informationspannen in Verbindung mit dem Angriff in Kundus übernommen. Bei dem Bombardement waren auch Zivilisten getötet worden, was Jung und sein Ministerium lange bestritten. Der CDU-Politiker bezeichnete sich in seiner Rücktrittserklärung als Opfer der internen Informationspolitik in seinem früheren Ressort gegenüber ihm als Minister.