Nach einer langen Debatte hat Hamburgs FDP auf dem Parteitag eine Bildungs-Agenda verabschiedet und den Kurs von Schwarz-Grün kritisiert.

Hamburg. Mit scharfer Kritik an der schwarz-grünen Schulreform hat sich die FDP Hamburg in der Bildungspolitik auf einen eigenständigen Kurs eingeschworen. Die Liberalen verabschiedeten am Samstag nach rund siebenstündiger Debatte auf einem Parteitag mit großer Mehrheit eine Bildungs-Agenda zur Zukunft der Schulen in der Hansestadt. Lediglich vier Delegierte stimmten gegen den Leitantrag, neun enthielten sich.

Im Kern setzt die FDP auf eine Eigenständigkeit der Bildungseinrichtungen und die frühkindliche Förderung. Heftige Auseinandersetzungen gab es um die Dauer des gemeinsamen Lernens. Der Landesfachausschuss (LFA) will dies in die Hand der Schulen legen, konnte sich aber nicht durchsetzen. Die Delegierten folgten dem Vorstand, der dies auf einem Parteitag 2010 klären will.

Hamburgs FDP-Chef Rolf Salo kritisierte den bildungspolitischen Kurs von Schwarz-Grün scharf. „Es ist ein völlig unmöglicher Zustand, dass Schüler, Eltern und Lehrer alle vier Jahre nach einem Regierungswechsel eine völlig neue Schule bekommen.“ Primarschulen, Stadtteilschulen und das Abitur nach zwölf Jahren – derzeit müsse Hamburg gleich drei Reformen bewältigen. „Dieses völlig überhitzte Reformtempo überfordert alle Beteiligten“, sagte Salo und fügte an: „Wir wollen, dass (Schulsenatorin) Christa Goetsch den Fuß vom Gas nimmt.“ Außerdem müsse die „Zwangseinführung der Primarschulen“ beendet werden.

Die Bürgerschaft hat Hamburgs umfassendste Schulreform seit Gründung der Bundesrepublik bereits im Oktober endgültig beschlossen. Vom Schuljahr 2010/2011 an werden die vierjährigen Grundschulen durch sechsjährige Primarschulen ersetzt. Zudem bieten Stadtteilschulen anstelle von Haupt-, Real- und Gesamtschulen künftig alle Abschlüsse bis hin zum Abitur nach 13 Jahren. Die Gymnasien führen wie bisher nach 12 Jahren zur Hochschulreife. Gegen Einführung der Primarschule läuft jedoch derzeit das Volksbegehren „Wir wollen lernen“, das die Reform im Falle eines erfolgreichen Volksentscheids noch kippen könnte. Dieses wird von der nicht im Parlament vertretenen FDP und unter anderem auch von der rechtsextremen NPD unterstützt.

Die Delegierten stritten auf dem Parteitag fast zweieinhalb Stunden allein über die Frage, welcher Antrag Grundlage für die Bildungs-Agenda sein sollte – das LFA-Basispapier oder der Änderungsantrag des Vorstands. Parteivize Kurt Duwe sagte, er frage sich, ob da nicht der Schwanz mit dem Hund wedele. Verantwortung trage der Vorstand und nicht der Ausschuss. Trotz des Widerspruchs von Ex-Bildungssenator Reinhard Soltau und der bildungspolitischen Sprecherin Sylvia Canel entschied sich der Parteitag für den Antrag des Vorstands, der sich in wenigen, aber entscheidenden Passagen vom LFA-Antrag unterschied.

So wollte der LFAdurchsetzen, dass es gegen den Willen der Schulen und Schulträger keine Änderungen an den Strukturen geben dürfe. „Schulen sollen freiwillig in ihren Schulkonferenzen mit deutlicher Mehrheit beschließen können, Angebote des längeren gemeinsamen Lernens bis zum Abschluss der Klassenstufe 6, 10 oder länger einzuführen“, hieß es im LFA-Antrag. Der Ausschussvorsitzende Benjamin Schwanke betonte, die Eigenständigkeit der Schulen finde natürlich dort ihre Grenzen, wo sie gegen Landes- oder Bundesrecht verstoßen würde. Die Delegierten strichen diese Passage dennoch. Parteichef Salo versprach, diesen Punkt auf einem Parteitag 2010 zu diskutieren. „Wir müssen die ganze Partei mitnehmen“, mahnte er. dpa