Nach einem Feuergefecht zwischen nord- und südkoreanischen Kriegsschiffen möchte Südkorea weitere Eskaltionen vermeiden.

Seoul. Zwei Minuten lang krachten Schüsse auf dem Gelben Meer, an der Seegrenze zwischen Nord- und Südkorea. Dann war es wieder ruhig. Was nach Angaben aus Südkorea blieb war ein zerschossenes nordkoreanisches Kriegsschiff – und viele Fragezeichen. Das Seegefecht hat kurz vor der geplanten Reise von US-Präsident Barack Obama nach Asien auf der geteilten koreanischen Halbinsel zu neuen Spannungen geführt. Es war das erste Feuergefecht zwischen Schiffen der süd- und nordkoreanischen Marine seit sieben Jahren. Der kurze Kampf hat den Menschen in der Region einmal mehr das bestehende Eskalationsrisiko in Korea vor Augen geführt.

Allerdings war Südkorea nach dem Zwischenfall an der umstrittenen Seegrenze vor der Westküste sichtlich um Ruhe bemüht. Präsident Lee Myung Bak rief die Streitkräfte auf, Sorge dafür zu tragen, dass es nicht zu einer weiteren Eskalation kommt. Regierungschef Chung Un Chan sprach von einer „zufälligen Kampfhandlung“ und das Vereinigungsministerium betonte, zurzeit würden keine Beschränkungen für den ohnehin begrenzten Reiseverkehr in das kommunistische Nachbarland erwogen.

Auch war das Gefecht im Vergleich zu ähnlichen Zwischenfällen 1999 und 2002 nur von kurzer Dauer – nach südkoreanischen Angaben etwa zwei Minuten. Vor sieben Jahren wurden bei einem etwa 25-minütigen Gefecht an der Seegrenze im Gelben Meer 13 nordkoreanische und sechs südkoreanische Soldaten getötet. Ob es diesmal Tote gab, war unklar. Südkorea beklagte keine Opfer.

Der Zwischenfall kam umso überraschender, als sich die Spannungen zwischen beiden Ländern zuletzt wieder ein wenig entschärft hatten. Nordkorea hatt sich seit August wieder etwas mehr auf das Nachbarland zubewegt. Auch den USA gegenüber zeigt sich das Regime in Pjöngjang wieder mit Blick auf den Streit um sein Atomwaffenprogramm gesprächsbereit. Noch in den Monaten zuvor hatte Nordkorea mit neuen Atom- und Raketentests die internationale Staatengemeinschaft herausgefordert.

Ob das Seegefecht das Resultat einer gezielten Provokation Nordkoreas war, gilt in Südkorea als unklar. Nach Angaben südkoreanischer Militärs verletzte allerdings ein nordkoreanisches Patrouillenboot nicht nur die Seegrenze. Auch nach Warnschüssen von einem südkoreanischen Kriegsschiff habe das Boot weiter seinen Kurs gehalten und mit Schüssen geantwortet. Schließlich habe das Boot schwer beschädigt wieder abgedreht. Nordkorea selbst gibt Südkorea die Schuld für das Gefecht und wirft ihm schwere Provokation vor.

Nordkorea könnte nach Ansicht von Beobachtern den Zwischenfall allerdings auch provoziert und den Zeitpunkt dafür bewusst gewählt haben. In dieser Woche beginnt Obama seine Asien-Reise, die ihn auch nach Seoul führen wird. Das nordkoreanische Atomprogramm wird dabei ein zentrales Thema sein. Obama ist auch zu bilateralen Gesprächen mit Nordkorea darüber bereit.

Dazu soll sein Sondergesandter für die Nordkorea-Politik, Stephen Bosworth, nach Pjöngjang geschickt werden. Beobachter in Südkorea spekulieren deshalb, dass Nordkorea die Spannungen wieder aufheizen könnte, um den USA zu zeigen, was im Streit um sein Atomprogramm noch alles auf dem Spiel steht. Allerdings könnte Pjöngjang auch die Absicht gehabt haben, die südkoreanische Regierung und deren Willen zu testen, Nordkoreas Annäherungsschritte ernst zu nehmen. (dpa/abendblatt.de)