Die G-20 löst die elitäre G-8-Gruppe als wichtigstes Forum der internationalen Wirtschaftspolitik ab. Das ist das erste Ergebnis des Gipfels in Pittsburgh.

Pittsburgh. s ist ein weiter Weg von Schloss Rambouillet bis nach Pittsburgh. In dem Schloss bei Paris trafen sich 1975 erstmals die sechs führenden Wirtschaftsmächte der Welt zum exklusiven Kamingespräch, es war die Geburtsstunde der G-6-Gruppe. Später wurde sie zur G-8 erweitert. Pittsburgh leitete am Freitag ihr Ende ein. Künftig sollen alle Kontinente mit am Tisch sitzen, wenn über die Belange der Weltwirtschaft entschieden wird. Die Runde wird bunter: Die G-20 soll die elitäre G-8-Gruppe als wichtigstes Forum der internationalen Wirtschaftspolitik ablösen, dies ist das erste große Ergebnis des Gipfels in Pittsburgh.

Als US-Präsident Barack Obama und seine Frau am Donnerstagabend die Staats- und Regierungschefs der G-20-Länder im eleganten Phipps-Konservatorium in Pittsburgh empfingen, wurde schon auf den ersten Blick deutlich, wie sehr sich die Dinge zuletzt geändert haben. Es war keine europäisch dominierte Herrenrunde mehr wie damals in Rambouillet. Die Präsidenten Indonesiens und Südafrikas waren ebenso dabei wie Abgesandte der saudiarabischen Königsdynastie und die Präsidentin Argentiniens. Diese Runde soll „zu einer Art ökonomischen Regierung der Welt in Form der 20 führenden Industrieländer“ entwickelt werden, so formulierte es Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Pittsburgh.

Der Himmel über der alten Industriemetropole war wolkenverhangen, in den Straßen von Pittsburgh stießen Polizisten und Demonstranten gewaltsam zusammen, doch Merkels Stimmung hellte sich zusehends auf. Als die Kanzlerin am Donnerstag in Berlin ins Flugzeug nach Pittsburgh gestiegen war, hatte sie ihre Skepsis nicht verhehlt. Doch die Verhandlungen dort machten offenbar schnelle Fortschritte. So wurde nach Angaben aus deutschen Delegationskreisen eine Einigung beim Reizthema Banker-Boni erreicht: Die G-20-Chefs wollen Regeln für die Auszahlung der Prämien im Finanzsektor aufstellen. Außerdem sollte es schärfere Eigenkapitalvorschriften geben, damit große insolvente Banken nicht länger die Staaten zu teuren Rettungsaktionen zwingen könnten. Details sollten bis Freitagabend (Ortszeit) ausgehandelt werden. Der deutsche Vorschlag zur Einführung einer Finanzmarktsteuer indes wurde nur zur Kenntnis genommen, nicht aber ernsthaft weiterverfolgt.

In den Augen der Gipfelteilnehmer hat sich die G-20-Runde bewährt. Deshalb soll sie nun zum festen Bestandteil der internationalen Politik werden – mit jährlichen Gipfeltreffen und regelmäßigen Ministerberatungen. Diese größere Runde sei nötig, „um eine stärkere, ausbalancierte Weltwirtschaft aufzubauen, das Finanzsystem zu reformieren und das Leben der Ärmsten zu verbessern“, erklärte ein Obama-Sprecher. Für große Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien bedeutet dies eine Aufwertung, die sie lange angestrebt haben.

Lange hatte die internationale Gemeinschaft nach dem richtigen Format gesucht. Das Ergebnis ist eine Vielzahl von G-Gruppen, die sich zum Teil überschneiden: G-7, G-8, G-14 und G-20. Spötter sprechen von „G-Fragezeichen“ und einer verwirrenden „G-ometrie“. Deutschland ist in allen Gruppen vertreten, während etwa die aufstrebende Wirtschaftsmacht China aus der G-7- und G-8-Gruppe ausgeschlossen ist. Die G-20-Gruppe ging aus einer unregelmäßigen Runde von Ministertreffen hervor. Mit Beginn der weltweiten Wirtschaftskrise rückte sie ins Zentrum der Krisenbewältigung, drei Mal trafen sich die Staats- und Regierungschefs der G-20-Gruppe binnen eines Jahres.

Die alte G-8-Formation soll nicht völlig abgeschafft werden, sie verliert aber an Bedeutung. „Sie wird weiterhin nützlich sein“, sagt ein G-8-Diplomat in Pittsburgh. „Die G-8 wird nicht aufgelöst, aber die G-20 wird die zentrale Rolle haben“, sagt ein anderer. Klar ist: Die große Bühne gehört in Zukunft der G-20. Eigene G-8-Treffen soll es vor allem auf Ministerebene geben, die großen G-8-Gipfelspektakel der letzten 30 Jahre dürften aber vorbei sein.