Komfortable Position für Sachsens CDU - der Wahlsieger kann sich seinen Partner aussuchen. SPD-Landeschef Jurk warf dagegen das Handtuch.

Dresden/Berlin. Die Landtagswahlen in Sachsen haben ihr erstes Opfer gefordert: Der sächsische SPD-Landesvorsitzende Thomas Jurk ist am Montag zurückgetreten. Seine Partei hatte am Sonntag mit 10,4 Prozent nur knapp ihr historisch schlechtes Ergebnis von 2004 übertroffen (9,8). Der 47-jährige Jurk stand seit 2004 an der Spitze der Sozialdemokraten im Freistaat. Er ist in der noch amtierenden schwarz-roten Koalition Wirtschaftsminister und Vize-Ministerpräsident.

„Der Wahlkampf war auf mich zugeschnitten, ich übernehme daher auch die Verantwortung für das Wahlergebnis“, heißt es in einer Erklärung Jurks. Er werde seinen Stellvertreter Rolf Schwanitz bitten, kommissarisch den Landesverband zu führen. Ein neuer Landesvorsitzender solle im Oktober auf einem Sonderparteitag gewählt werden. Als seinen Nachfolger schlug er Fraktionschef Martin Dulig vor.

Unterdessen will sich Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) noch nicht auf eine Koalition mit der FDP festlegen. „Drei Parteien haben die Möglichkeit, mit mir zu koalieren. Und wir werden schauen, wer das beste Angebot macht“, sagte er am Montag vor einer Sitzung der CDU-Spitze in Berlin.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verwies in der Hauptstadt auf das Wahlprogramm der Union zur Bundestagswahl. Darin enthalten sei auch die Aussage, eine Koalition mit der FDP anzustreben. Deutschland brauche „klare und stabile Verhältnisse“, sagte sie. Auch in Sachsen hatten CDU und FDP vor der Landtagswahl erklärt, bei entsprechendem Ergebnis künftig zusammenzuarbeiten. Daher wird im Freistaat ein Wechsel von schwarz-rot auf schwarz-gelb erwartet. Laut vorläufigem Endergebnis könnte aber ebenso die Zusammenarbeit mit dem bisherigen Partner SPD fortgesetzt werden.

Die CDU war am Sonntag mit 40,2 Prozent erneut stärkste Kraft im Freistaat geworden (2004: 41,1 Prozent). Die FDP kam laut vorläufigem amtlichen Endergebnis auf 10 Prozent. Die Partei Die Linke bleibt mit 20,6 Prozent stärkste Oppositionskraft. Grüne (6,4) und die rechtsextreme NPD (5,6) sind auch wieder im Landtag.

Am frühen Abend tagen die Landesvorstände von CDU, SPD, FDP und Linken in Dresden. Mit Entscheidungen der sächsischen Union wird nicht vor Dienstag gerechnet, erst dann trifft sich die neue Fraktion. Die FDP forderte von der CDU bereits klare Signale in der Bildungspolitik. „Anders wird es schwer sein, mit uns zu verhandeln. Wir befinden uns in einer komfortablen Position und müssen uns nicht verbiegen. Niemand von uns lechzt nach Ämtern, wir haben alle vernünftige Jobs und sind unabhängig“, sagte Generalsekretär Torsten Herbst. Angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl in vier Wochen wird damit gerechnet, dass die Koalitionsverhandlungen sehr schnell in Dresden beginnen. Das neue Kabinett könnte dann bereits vor dem 27. September vereidigt werden. Als möglicher Termin für einen CDU-Parteitag wurde bereits der 19. September genannt. Der neue Landtag muss spätestens 30 Tage nach der Wahl zu seiner ersten Sitzung zusammenkommen und einen neuen Ministerpräsidenten wählen. Erwartet wird eine zügige Regierungsbildung.

Indessen prüft das Büro der Landeswahlleiterin die Verbreitung von Prognosen vor Schließung der Wahllokale in der Kurzmitteilungs-Plattform Twitter. „Wir versuchen, dem Vorgang nachzugehen“, sagte eine Mitarbeiterin der Behörde in Kamenz. Die Veröffentlichung von Hochrechnungen vor 18.00 Uhr sei laut Landeswahlgesetz verboten. Wahlprüfungsbeschwerde müsse beim Landtag eingereicht werden. Dort lag nach Angaben eines Sprechers noch nichts vor. Zuständig dafür sei der Wahlprüfungsausschuss, der aber erst mit Konstituierung des neuen Parlaments eingesetzt werde.

Spiegel online berichtete, dass einer der Accounts, über den Wahlprognosen zu Sachsen ins Netz sickerten, dem CDU-Vorsitzenden von Radebeul, Patrick Rudolph, gehörte. Dieser war für eine Stellungnahme vorerst nicht zu erreichen. Laut Spiegel online hat er seinen Account gelöscht. Er sei es nicht gewesen und wisse auch nicht, „wer das geschrieben hat“. Die Twitter-Mitteilungen hatten keine Quelle und beruhten wahrscheinlich auf Daten, die Wahlforscher im Zuge von Befragungen der Wähler nach deren Abstimmung erhoben hatten. Laut Regelungen in den Landeswahlgesetzen und im Bundeswahlgesetz wird das Vorabveröffentlichen als Ordnungswidrigkeit eingestuft, die mit einer Geldbuße bis 50000 Euro geahndet werden kann. (dpa)