Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe will den unter Kinderporno-Verdacht stehenden fraktionslosen Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss anklagen.

Berlin. Neue Bewegung im Rechtsstreit um den unter Kinderporno-Verdacht stehenden Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss: Die Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen gegen den früheren SPD- Politiker abgeschlossen und will weiterhin Anklage wegen Kinderpornografie erheben. „Wir gehen immer noch davon aus, dass sich Herr Tauss des strafbaren Besitzes von kinderpornografischen Dateien und Bildmaterial schuldig gemacht hat“, sagte der Karlsruher Oberstaatsanwalt Rüdiger Rehring am Dienstag auf Anfrage. Er bestätigte damit einen Bericht der „Bild“-Zeitung. Tauss sagte daraufhin „Bild.de“: „Das ist miserabler Stil und hat mit Rechtsstaat nichts mehr zu tun.“

Derzeit erhalten die Anwälte Akteneinsicht. „Die Entscheidung über eine Anklage ist aber von der Zustimmung des Bundestages abhängig“, betonte Rehring. Das Parlament müsste dafür erneut Tauss' Immunität aufheben. Der 56-Jährige war nach dem Fund von Kinderporno-Bildern von seinen SPD-Ämtern zurückgetreten und später zur Piratenpartei übergetreten. Er ist nach wie vor Abgeordneter.

Nach Ansicht Rehrings könnte der Bundestag in einer der beiden Sondersitzungen zum Lissabonner EU-Vertrag am 26. August oder am 8. September über die Anklage gegen Tauss entscheiden. Zuvor werde der Immunitätsausschuss des Bundestages Einsicht in die Akten bekommen, weil er für eine Anklage eine Beschlussempfehlung formulieren müsse. Der Ausschuss hatte bereits im Frühjahr grünes Licht für Hausdurchsuchungen bei Tauss gegeben.

Anfang März waren Kinderporno-Bilder in den Räumen des damaligen medienpolitischen Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion gefunden worden. Die Staatsanwaltschaft beschlagnahmte Handy-Fotos und DVDs. Der Abgeordnete des Wahlkreises Karlsruhe-Land beteuert nach wie vor seine Unschuld und erklärt, er habe einen Kinderporno-Ring sprengen wollen. Die Ermittler behaupten dagegen, Tauss habe „keinen dienstlichen Auftrag“ gehabt und könne sich deshalb nicht darauf berufen. Der Politiker wies dies bei „Bild.de“ zurück: „Ich bin ja kein Beamter, sondern frei in meiner Arbeit.“

Tauss ist inzwischen für die Piratenpartei aktiv, die sich gegen das Sperren von Internet-Seiten zum Beispiel mit kinderpornografischen Inhalten einsetzt. Die Gegner der gesetzlich verankerten Sperren argumentieren, dass Kindesmisshandlung damit nicht verhindert, einer Zensur des Internets aber der Weg bereitet werde. Tauss hatte auch beim Bundesverfassungsgericht Klage gegen das Gesetz eingereicht.

Sein Anwalt warf der Anklagebehörde „soziale Exekution“ vor. Die Karlsruher Staatsanwaltschaft habe seinem Mandanten zum Abschluss der polizeilichen Ermittlungen nicht die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben, außerdem habe er als Verteidiger keine entlastenden Beweisanträge stellen können, sagte Rechtsanwalt Jan Mönikes. In der Sache selbst gebe es nach wie vor „nichts substanziell Neues“. Über den zuständigen Oberstaatsanwalt Rehring sagte der Jurist: „Jörg Tauss war in Rehrings Augen offensichtlich schon von der ersten Stunde der Ermittlungen an schuldig.“ (