ULLA SCHMIDT Die Gesundheitsministerin hält die Trennung von Gesetzlichen und Privaten

für "unsinnig". Sie will die Bürgerversicherung für alle.

Berlin

HA/rtr

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hat ihre Pläne zur Angleichung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung bekräftigt und damit scharfen Widerspruch der Privatversicherer ausgelöst. "Der entscheidende Punkt muß sein, daß die unsinnige Trennung zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung aufgehoben wird", sagte Schmidt (SPD) der Zeitung "Die Welt".

Es sei besorgniserregend, daß etwa immer mehr ältere Menschen nicht mehr krankenversichert seien, weil sie sich die Privatversicherung nicht mehr leisten könnten und ihnen die Rückkehr zur gesetzlichen Krankenkasse versperrt sei. "Nur die Bürgerversicherung ist eine Lösung." Schmidts Sprecher Klaus Vater betonte, der privaten Krankenversicherung werde mit der Bürgerversicherung nicht die Geschäftsgrundlage entzogen. Die Unternehmen könnten weiter etwa über Qualitätsvorsprung im Wettbewerb bleiben. Der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV) warf Schmidt vor, sie wolle die private Krankenversicherung abschaffen.

Schmidt bekräftigte, im SPD-Wahlmanifest würden noch keine Details zur Finanzierung der Bürgerversicherung festgelegt. "Konkrete Fragen, etwa ob und wie andere Einkünfte wie Mieten, Pachten und Zinsen einbezogen werden, können erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens genau geklärt werden." Die SPD plant die Einführung einer Bürgerversicherung. Dabei sollen alle Erwerbstätigen, also auch Beamte und Selbständige, in die Versicherungspflicht einbezogen werden. Die Patienten sollen ihre Kasse künftig frei wählen können, private Kassen müßten die gleichen Leistungen anbieten wie die gesetzlichen.

Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt, unterstützte die Idee einer Bürgerversicherung. Sie sprach sich im Fernsehsender n-tv dafür aus, die Zukunft der privaten Krankenversicherung erst bei der Umsetzung zu klären. "Klar ist aber: Die Solidarität muß zwischen allen stattfinden, und alle müssen dabei sein, egal ob sie heute gesetzlich oder privat versichert sind."

Der Verband der privaten Krankenversicherung warnte Schmidt, mit ihren Plänen gefährde sie 50 000 Arbeitsplätze und verprelle Millionen Versicherte. "Ulla Schmidt setzt mit ihrer Forderung nach einer Bürgerversicherung und damit nach Abschaffung der PKV auf Ideologie und Polemik statt auf Problemlösung", erklärte PKV-Verbandschef Reinhold Schulte. Die Bürgerversicherung biete keine Lösung für die strukturellen Probleme im Gesundheitswesen, die etwa durch die Alterung der Gesellschaft entstünden. Außerdem gebe es verfassungsrechtliche Bedenken. Die PKV werde ihre Vorschläge zur Reform des Gesundheitssystems Mitte nächster Woche vorlegen.

Die Unions-Gesundheitsexpertin Annette Widmann-Mauz erklärte, Schmidts Vorstellungen liefen letztlich auf ein verstaatlichtes Gesundheitswesen hinaus. Auch Dementis könnten nicht darüber hinwegtäuschen, daß Schmidt die Abschaffung der privaten Versicherung anstrebe.

Schmidt sagte, notfalls solle wie im jetzigen Gesundheitssystem auch in der Bürgerversicherung mit Hilfe von Steuermitteln verhindert werden, daß die Beiträge weiter ansteigen. "Wir wollen keinen Systemwechsel bei der Finanzierung. Aber jedem ist doch heute klar, daß Beiträge allein nicht mehr ausreichen." Ministeriumssprecher Vater erklärte, es gehe nicht darum, mehr Geld ins System zu pumpen. Bereits in diesem Jahr seien Zuschüsse aus dem allgemeinen Steueraufkommen in Höhe von rund 2,5 Milliarden Euro gesetzlich festgelegt, für das kommende Jahr 4,2 Milliarden Euro.

"Nur die Bürgerversicherung ist eine Lösung." Gesundheitsministerin Ulla Schmidt zum Problem, daß viele Ältere nicht versichert seien.