Gerangel um 91 Plätze im Regierungs-Airbus.

Berlin. Falls am Sonntag in Deutschland Regierungsbedarf bestände, müssten wohl Stallwächter sich rasch per Telefon Order im fernen Japan einholen. Etliche derer, die in der deutschen Politik Rang und Namen haben, werden Sonntag nämlich auf der Ehrentribüne im Stadion zu Yokohama sitzen und die Fußball-Nationalmannschaft im WM-Endspiel gegen Brasilien anfeuern. Bundespräsident Johannes Rau wird mit von der Partie sein, auch Bundeskanzler Gerhard Schröder, Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber und Bundestagspräsident Wolfgang Thierse nebst Ministern, diversen Fraktionsgrößen und Sportpolitikern verschiedener Couleur. Johannes Rau ist bereits in Asien unterwegs. Er kommt von einem Staatsbesuch in Südkorea nach Japan. Schröder fliegt direkt vom G-8-Wirtschaftsgipfel in Kanada gemeinsam mit dem japanischen Premierminister Junichiro Koizumi in dessen Dienstflugzeug ins Land der aufgehenden Sonne. Der Großteil der übrigen fußballbegeisterten Polit-Prominenz jettet mit Bundesinnenminister Otto Schily am Sonnabend gen Japan. Schily, qua Amt für den Sport zuständig, hat für den Trip einen Airbus der Bundeswehr-Flugbereitschaft geordert und das halbe politische Berlin zum Fußball-Ausflug eingeladen. Das Gerangel um die 91 Plätze ist groß. Vielleicht sei auf den Tragflächen noch Platz, kalauerte Schilys Sprecher Rainer Lingenthal. Auf jeden Fall soll neben Schily Außenminister Joschka Fischer an Bord sein und auch Kanzlergattin Doris. Zum Mitflug eingeladen sind neben Politikern zudem einige Sportgrößen vergangener Tage, darunter Uwe Seeler. Die Flugstunde für den VIP-Airbus kostet 5236 Euro. Der Trip schlägt also mit weit über 100 000 Euro zu Buche, obwohl laut Verteidigungsministerium die genauen Kosten noch nicht klar sind. Der Bund der Steuerzahler meckert trotzdem, die Reise sei "Privatvergnügen auf Kosten der Steuerzahler". Unionskandidat Edmund Stoiber fliegt auf eigene Faust nach Japan, weil er am Sonnabend noch auf dem CSU-Wahlparteitag in Fürth gebraucht wird. Angeblich will der Deutsche Fußballbund (DFB) den Flug finanzieren. Auf der Stadion-Tribüne in Yokohama sollen - so ist es bis dato geplant - Stoiber und Schröder nicht nebeneinander sitzen. Am Montag will Stoiber in der DFB-Maschine mit der deutschen Nationalmannschaft zurückfliegen. Ob Schröder sich dazu gesellt, war gestern noch nicht klar. Aber ob er sich diesen Flug entgehen lässt wenn Deutschland Weltmeister wird . . . ?