Kreml-Chef ruft zum Kampf gegen Armut

Moskau ap/dpa Der russische Präsident Wladimir Putin hat in seiner dritten Rede zur Lage der Nation zu verstärkten Bemühungen um einen höheren Lebensstandard aufgerufen. "Wir müssen selbst um unseren Platz an der Sonne kämpfen", sagte der Staatschef gestern vor Abgeordneten, Ministern und Funktionären im Marmorsaal des Kremls. "Niemand in der modernen Welt will uns angreifen", sagte Putin, "aber es steht auch niemand auf und hilft uns." Große Teile der Bevölkerung seien nach wie vor mit ihrer persönlichen Situation unzufrieden, erklärte Putin und wies darauf hin, dass etwa 40 Millionen Bürger der Russischen Föderation in Armut lebten. Der Präsident kritisierte auch seine eigene Regierung dafür, dass bisher erst wenige Fortschritte in der Reform der Verwaltung erzielt worden seien. Verstärkt werden müsse vor allem der Kampf gegen die Korruption in der Bürokratie und der Abbau von einengenden Regulierungen in der Volkswirtschaft. In der Außenpolitik sprach sich der Präsident für einen pragmatischen Kurs aus. Als wichtiges Ziel der Außenhandelspolitik nannte Putin die geplante Aufnahme in die Welthandelsorganisation (WTO), aber auch engere Beziehungen zur EU. "Russland ist schon ein Teil der Handelsgemeinschaft der Welt, aber wir sind nicht daran beteiligt, wenn die Regeln aufgestellt werden." Besorgt äußerte sich Putin über rechtsextremistische Tendenzen. Scharf wandte er sich dabei gegen rassistische Skinheads, die in der vergangenen Woche zu einem "Krieg gegen Ausländer" aufgerufen haben. Diese Kräfte seien eine Gefahr für die Stabilität und die öffentliche Sicherheit des Landes. Die Regierung werde schärfere Gesetze vorbereiten. Ungeachtet der jüngsten blutigen Rebellenanschläge in Tschetschenien bezeichnete Putin den "militärischen Konflikt" in der abtrünnigen Kaukasusrepublik als beendet. Die letzten militanten Gruppen müssten aufgespürt und das zerstörte Land wieder aufgebaut werden. Auch der Westen habe verstanden, dass es sich um einen Kampf gegen Terroristen handele. "Seit dem 11. September ist der Kalte Krieg vorbei. Es gibt einen Krieg gegen Terroristen", bekräftigte Putin. Bei dem schwersten Bombenattentat seit mehr als einem Jahr sind gestern 18 Polizisten in Tschetschenien getötet worden. Der Autobus mit den in russischen Diensten stehenden Tschetschenen ist in der Hauptstadt Grosny von einem Sprengsatz zerstört worden. Mindestens sechs Männer wurden verletzt.