Robby Williams, Paul McCartney und „Ob-La-Di, Ob-La-Da“: Musikalische Höhepunkte beim Thronjubiläum der Queen. Doch neben exquisiter Musik gab es auch einige Misstöne.

London. „9.500 Krankenschwestern oder eine Königin“ und „God Save the Queen.“ Während die meisten Menschen in Großbritannien in wilder Freude über das Thronjubiläum ihrer Königin sind, gab es bei den Feierlichkeiten auch Zwischenrufe, die vor allem auf die hohen Kosten des Königshauses für den Steuerzahler anspielten. „Gott schütze die Königin“ schallte es jedoch meist durch die Straßen Londons, als Elizabeth II. am Dienstag in einer Limousine an der St. Paul’s-Kathedrale vorfährt. Am letzten Tag der Feierlichkeiten zum 60. Thronjubiläum besucht die Queen einen Dankgottesdienst in der ehrwürdigen Kirche. Anschließend war eine Kutschfahrt durch das Zentrum der britischen Hauptstadt geplant, danach wollte sich die Königsfamilie auf dem Balkon des Buckingham-Palastes zeigen.

„Wir feiern heute sechs Jahrzehnte eines lebenden Beweises, dass es möglich ist, Freude am Dienst an der Gemeinschaft zu finden“, sagte der Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, während des Gottesdienstes. Er würdigte Elizabeths Einsatz für das Allgemeinwohl und forderte ein gesellschaftliches Bewusstsein, das über den Individualismus hinausgeht. „Der Einsatz für die Gemeinschaft verlangt mit Sicherheit nach einer Abkehr von egoistischen Zielen im biblischen Sinne, aber er öffnet auch die Tür zu geteilten Reichtümern“, sagte Williams.

„Ich glaube nicht, dass es übertrieben ist zu sagen, dass unsere Queen im Glück anderer Freude findet“, sagte das Oberhaupt der Anglikanischen Kirche. „Alle Zeichen deuten darauf hin, dass sie in diesen Begegnungen glücklich, erfüllt und ganz bei sich ist.“

Prinz Philip konnte bei dem Gottesdienst nicht an der Seite seiner Ehefrau sein. Der 90-Jährige wird wegen einer Blasenentzündung im Krankenhaus behandelt. „Wir hätten sowieso für den Herzog von Edinburgh gebetet und jetzt beten wir besonders für seine schnelle Genesung“, sagte der Dekan von St. Paul’s, David Ison.

„Es ist wirklich traurig, dass er heute nicht bei ihr sein kann“, sagte Margaret Barker, die am Rande der Paradestrecke auf den Konvoi von Elizabeth II. wartete. Die Touristin Cassandra Past aus New York erwartete, dass die Queen die Abwesenheit ihres Mannes mit Fassung tragen würde. „Sie ist die Queen – sie muss für ihr Land und ihr Volk Haltung bewahren“, sagte die 20-Jährige.

Am Abend (19.00 Uhr MESZ) wollte die Queen mit einer Ansprache an die Nation die viertägigen Feierlichkeiten zum Thronjubiläum offiziell beenden. Die am Montag aufgezeichnete, zweiminütige Rede sollte auch auf der Internetplattform Youtube veröffentlicht werden, wie der Palast mitteilte. Abgesehen von ihrer jährlichen Weihnachtsansprache hat sich die 86-jährige Königin nur selten direkt an die Bevölkerung gewandt.

Unter den Schaulustigen vor der Kathedrale waren am Dienstag auch vier Frauen aus der schottischen Ortschaft Jedburgh. „Wir haben drei Jahre gespart, um hier her zu kommen“, sagte Marion Kingswood. „Abgesehen von einer königlichen Hochzeit gibt es nichts Vergleichbares. 60 Jahre sind solch eine große Leistung.“

Barry Dandy und seine Frau waren aus Australien angereist, um das Thronjubiläum der Queen zu feiern. „Sie haben im Fernsehen eine Vorschau auf die Schiffsparade gezeigt und meine Frau sagte: ’Ich wäre so gerne dort’“, erzählte Dandy. „Es ist großartig, ein Teil der Feierlichkeiten zu ein.“

Vor der Kathedrale demonstrierten am Dienstag auch einige Gegner der britischen Monarchie. Sie skandierten Parolen wie „Republik - jetzt!“ oder „9.500 Krankenschwestern oder eine Königin“ als Kritik an den hohen Kosten des Königshauses für die britischen Steuerzahler. Anhänger der Queen antworteten mit Sprechchören und riefen: „Gott schütze die Königin.“

Am Montagabend hatten bereits Popgrößen wie Elton John, Stevie Wonder und Paul McCartney die Jubilarin bei einem Konzert vor dem Buckingham-Palast gefeiert. Thronfolger Prinz Charles übernahm die Rolle des Zeremonienmeisters. Mit den Worten: „Eure Majestät - Mummy!“ begrüßte Charles seine Mutter und animierte die Menge zu drei Hochrufen auf die seit 60 Jahren amtierende Queen.

Das Programm bot für jeden etwas. Dazu gehörten auch einige von der Queen geadelte Musiker, wie die Sirs Paul McCartney, Elton John, Tom Jones, Cliff Richard und Dame Shirley Bassey. Robbie Williams sang, von einer Militärkapelle begleitet, „Let Me Entertain You“. Pianist Lang Lang trug zusammen mit Opernsängerin Renee Fleming ein Gershwin-Stück vor und die 64-jährige Grace Jones räkelte sich durch „Slave To The Rhythm“. Eine internationale All-Star-Band sang ein von Andrew Lloyd Webber und Take-That-Star Gary Barlow zum Thronjubiläum geschriebenes Lied. Die Ska-Band Madness präsentierten ihren 1980er-Jahre-Hit „Our House“ vom Dach des Buckingham-Palastes aus.

Elton John würdigte vor dem Konzert die Beständigkeit und das Durchhaltevermögen der Königin. „Sie ist nicht trendy, sie macht keine Modelaune mit“, sagte er der Rundfunkanstalt BBC. „Sie ist stoisch, brillant, weise, lustig und wir freuen uns alle, dabei zu sein.“ McCartney beendete das Konzert mit dem Beatles-Song „Ob-La-Di, Ob-La-Da“ auf einer Gitarre im Union-Jack-Design. Dann kam Elizabeth mit ihrer Familie auf die Bühne und entzündete das letzte von 4.200 Gedenklichtern, die zu ihrem Jubiläum in Großbritannien und im Ausland aufgestellt worden waren – eines davon auch im Treetops-Hotel in Kenia, wo sie 1952 über den Tod ihres Vaters informiert wurde.

Gemeinsam älter geworden: Die Queen und die Popmusik

Queen soll angeblich vor allem Klassik mögen. Mit der Popmusik verbinden sie allerdings besondere Bande – ob nun unfreiwillig oder mit ihrem Segen. Die Monarchin ist gar selber zur Popikone geworden. Das Ganze nützt beiden Seiten.

Nicht nur zeitlich ist es lange her, dass die Sex Pistols ihre damals höchst kontroverse Punk-Version der britischen Nationalhymne „God save the Queen“ spielten. Es war das Silberne Thronjubiläum der britischen Königin Elizabeth II. und das Jahr 1977.

Radiosender weigerten sich, das Stück zu spielen, das dem Vereinigten Königreich „no future“ – keine Zukunft – voraussagte. Als Bandleader Johnny Rotten der Queen von einem Schiff aus bei den Thronjubiläums-Feiern ein Ständchen spielen wollte, gab es Handgemenge und Verhaftungen.

Zum 60. Thronjubiläum ist die Lage komplett anders: Die Popmusik liebt die Queen schon seit langem, hat sie gar zu einer ihrer Ikonen gemacht. Zum Goldenen Thronjubiläum im Jahr 2002 ließ Queen-Gitarrist Brian May die Nationalhymne vom Dach des Buckingham Palastes erklingen. Unzählige britische Pop- und Rockgrößen haben sich von der Queen zum Ritter schlagen lassen: Sir Paul McCartney, Sir Elton John, Sir Tom Jones etwa waren am Montagabend auch bei dem spektakulären Konzert zum 60. Thronjubiläum vor dem Buckingham Palast dabei.

Ob der Queen das Ganze gefällt, lässt sich wie bei so vielen Dingen kaum sagen. Außerhalb ihrer Familie kennt wohl niemand ihren Musikgeschmack. Beim Popkonzert am Montagabend soll sie wie schon bei den Jubiläen in den Jahren davor Ohrstöpsel getragen haben. Was ging ihr wohl durch den Kopf, als Kylie Minogue im knappen Body sexy über die Bühne tanzte? An ihrer Miene jedenfalls war es wie üblich nicht zu erkennen.

Die Queen und die Popmusik sind zusammen älter geworden: Popstars sonnen sich in der derzeit scheinbar universellen Popularität der Queen – und diese nutzt die Begeisterung der Massen für deren Musik. Auch weiß sie, dass die den „Soundtrack ihrer Regentschaft“ und die Millionenschwere Musikindustrie ehren muss, wie die Zeitung „The Times“ am Dienstag schrieb. Die Verbindung Queen-Pop geht voll auf. Und die Briten: Die sind auf ihre Popmusik mindestens genauso stolz wie auf ihre Monarchin.

So dürfte es auch weitergehen. Auch einige der jüngeren Musiker, die zu Ehren der Queen am Montag aufgetreten waren, bekundeten ihre volle Bewunderung für die Königin. „Ich fühle mich einfach nur geehrt, hier sein zu dürfen“, sagte Cheryl Cole. „Es war vollkommen überwältigend“, erklärte Jessie J. „Das war schon eine nette Erfahrung“, hieß es vom Jungen mit der Gitarre, Ed Sheeran.

Sir Cliff Richard hat die Queen schon als junger Mann getroffen, und sagte, er sei selber verwundert, dass er auch zum 60. Thronjubiläum wieder eingeladen worden sei. „Ich schätze, ich repräsentiere alle Jahrzehnte ihrer Regentschaft.“ Selbst er kennt ihren Musikgeschmack nicht, meinte aber: „Ich bin mir sicher, die Queen hat sich wirklich gefreut.“ Ex-Beatle Paul McCartney ist ebenfalls schon seit einer halben Ewigkeit mit Elizabeth bekannt - und freute sich nach dem Jubiläumskonzert zum Sechzigsten, dass sie die Popmusik seit Jahren unterstützt: „Ich verstehe nicht, warum die Leute denken, wir Briten wären angestaubt, wenn die Queen solche wilden Hauspartys abhält wie diese.“ (dapd/dpa)