Gauck beendet seine Reise nach Israel und zu den Palästinensern. Und wieder ruft er zu einer Verhandlungslösung im Nahost-Konflikt auf. Deutschland setzt dabei auf die Zwei-Staaten-Lösung.

Jerusalem/Ramallah/Berlin. Bundespräsident Joachim Gauck hat zum Abschluss seines Besuchs in Israel und den Palästinensergebieten nochmals zu einer Verhandlungslösung im Nahost-Konflikt aufgerufen. „Wir wollen den Frieden und unterstützen jeden, der dabei mitwirken kann“, sagte Gauck am Donnerstag in der evangelischen Himmelfahrtskirche in Jerusalem. Die Stadt müsse zu einem Ort des Friedens und der gegenseitigen Verantwortung werden. „Deutschland steht in besonderer Verantwortung“, fügte der Bundespräsident hinzu. Zugleich äußerte er in einem Interview die Sorge, dass sich Deutschland mit dem Satz der Kanzlerin Angela Merkel, das Existenzrecht Israels gehöre zur deutschen Staatsräson, auch übernehmen könnte.

Gauck war bei einem Besuch in Ramallah im Westjordanland auch mit dem Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas und dessen Regierungschef Salam Fajad zusammengetroffen. Dabei betonte er das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat: „Deutschland bekennt sich nachdrücklich zur Zwei-Staaten-Lösung und unterstützt die Schaffung eines eigenständigen palästinensischen Staates.“

Im Amtssitz Mukata des Palästinenserpräsidenten in Ramallah wurde Gauck mit höchsten protokollarischen Ehren empfangen. Er sei sich mit Abbas einig gewesen, dass nur Verhandlungen und niemals Gewalt zu einem eigenständigen Palästinensergebiet führen werden, sagte Gauck. Israel übergab fast zeitgleich als Geste des guten Willens die sterblichen Überreste von 91 Palästinensern. Sie waren im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte im Kampf gegen Israel und bei Selbstmordanschlägen getötet und in Israel begraben worden.

In dem Dorf Burin bei Nablus im Norden des Westjordanlandes hatte Gauck am Morgen eine mit deutschen Geldern gebaute Mädchenschule eröffnet. Dort sollen künftig bis zu 480 Schülerinnen unterrichtet werden. Das Dorf Burin liegt auf palästinensischem Gebiet, aber in der Nähe von zwei israelischen Siedlungen. „Bildung ist die Voraussetzung für das friedliche Zusammenleben im eigenen Land und zwischen den Völkern“, sagte Gauck bei der Einweihung.

Abbas dankte für die deutsche Unterstützung bei der Forderung nach der Zwei-Staaten-Lösung ebenso wie für die wirtschaftliche Hilfe. Das Haupthindernis für eine Lösung des Konflikts sei „die Beharrlichkeit der israelischen Regierung, den Siedlungsbau fortzusetzen“. Fajad betonte, die Israelis würden als Besatzungsmacht die Bemühungen um den Aufbau eines palästinensischen Staatswesens behindern. Zum Stand des Friedensprozesses im Nahen Osten betonte der Bundespräsident, es sei wichtig, den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen. Er habe Israel bei seinen Unterredungen in Jerusalem zu Zurückhaltung in der Siedlungspolitik aufgefordert. Eine Lösung des Konflikts müsse die Rechte und Ansprüche beider Seiten berücksichtigen. Kritik an Israel vermied der Bundespräsident.

Zugleich betonte er, dass Merkels Satz von der Staatsräson nicht nur aus einer politischen Vernunft geboren wurde, „sondern aus einer tiefen Zerknirschung“. Und er fügte in einem vor der Nahost-Reise mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ geführten und am Donnerstag veröffentlichten Gespräch hinzu: „Es ist ein moralischer Appell an uns selber, bei dem ich sehr besorgt bin, ob wir die Größe dieses Anspruchs an uns selbst in politisches Handeln umzusetzen vermögen.“ Für die nächste Generation könne dieser Appell „womöglich eine Überforderung“ bedeuten.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) bekräftigte gegenüber der Zeitung „Die Welt“ (Freitag) Merkels Wort von der Staatsräson: „Es ist Politik der Bundesrepublik seit vielen Jahren, dass (...) das Existenzrecht Israels Staatsraison ist.“ Er fügte hinzu, Gauck habe seine Verbundenheit mit Israel „in eigenen Worten“ ausgedrückt. „Ich finde, das ist ihm sehr gut gelungen.“ Gaucks Besuch habe die deutsch-israelischen Beziehungen vertieft. „Wir alle können mit dem Verlauf der Nahostreise des Bundespräsidenten sehr zufrieden sein.“

In Israel hatte Gauck die deutsch-israelische Freundschaft und das gemeinsame Wertefundament beider Länder bekräftigt, aber auch die Siedlungspolitik des jüdischen Staates deutlich kritisiert. Sie hindert die Gründung eines Palästinenserstaates neben Israel. (dpa/abendblatt.de)