Vertreter von Politik und Kirche weisen laut einem Bericht der „Welt“ (Dienstag) den Vorschlag zurück, statt der Kirchensteuer eine Kulturabgabe nach italienischem Vorbild einzuführen. Zu den Gegnern des Ansinnens gehören demnach die kirchenpolitischen Sprecherinnen der Fraktionen von Union und SPD im Bundestag, Maria Flachsbarth (CDU) und Kerstin Griese, sowie Vertreter der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Berlin. Der von einigen Grünen-Politikern geforderte Umbau des deutschen Kirchensteuer-Systems stößt auf Kritik. Vertreter von Politik und Kirche weisen laut einem Bericht der „Welt“ (Dienstag) den Vorschlag zurück, statt der Kirchensteuer eine Kulturabgabe nach italienischem Vorbild einzuführen. Zu den Gegnern des Ansinnens gehören demnach die kirchenpolitischen Sprecherinnen der Fraktionen von Union und SPD im Bundestag, Maria Flachsbarth (CDU) und Kerstin Griese, sowie Vertreter der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Anlass der Debatte ist ein vor zwei Wochen im Internet von katholischen Grünen-Politikern veröffentlichter „Beitrag zum Dialog in der Katholischen Kirche“. Darin sprechen sich die Unterzeichner für eine Kulturabgabe aus, wie sie in Italien üblich ist. Dort könne jeder Erwerbstätige einen Beitrag an eine wohltätige oder religiöse Institution seiner Wahl entrichten, heißt es in dem Papier. Es sei nicht sinnvoll, „zuzuschauen, wie viele Menschen wegen der Kirchensteuer aus unserer Kirche austreten“. Zu den Unterstützern der Erklärung gehören unter anderen die Bundestagsabgeordneten Agnieszka Brugger, Gerhard Schick und Josef Winkler. Winkler sitzt auch im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK).

Die CDU-Politikerin Flachsbarth warnte davor, die Leistungen der Kirchen auf eine Ebene mit den Angeboten anderer kultureller Institutionen zu stellen. „Der Staat profitiert enorm vom Handeln der Kirchen, und das kann nicht ersatzweise von anderen übernommen werden“, sagte sie der „Welt“. Daher wolle die Union an der Kirchensteuer festhalten. Die kirchenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Griese bezweifelte der Zeitung zufolge, dass eine Kulturabgabe Menschen daran hindern könnte, aus Spargründen aus der Kirche auszutreten. Zumindest im katholischen Bereich träten die Menschen „nicht vorrangig wegen der Kirchensteuerpflicht aus, sondern vor allem wegen der Empörung etwa über die Missbrauchsskandale“, sagte Griese.

Der Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der EKD, Hans Michael Heinig, nannte den Grünen-Vorschlag „untauglich“. Die Kulturabgabe würde zu einer viel engeren Verbindung zwischen den Kirchen und dem Staat führen. Zur Begründung sagte der Göttinger Staatsrechtler: „Während bislang die Kirchen selbst über die Höhe der Kirchensteuern bestimmen, müsste die Kulturabgabe vom Staat festgesetzt werden. Somit würde der Staat in die kirchliche Finanzplanung eingreifen und die Kirchen gerieten in neue Abhängigkeit vom Staat.“

Ablehnend äußerte sich auch der Leiter des Kommissariats der katholischen Bischöfe in Berlin, Prälat Karl Jüsten. „Die Kirchensteuer ist keine Steuer des Staates, der Staat verdient nur daran. Mit dem deutschen Staatskirchenrecht sei eine Kulturabgabe „nicht vereinbar“. Der Bischofskonferenz-Vorsitzende, Erzbischof Robert Zollitsch, wandte sich gegen die Vorstellung, bei der Kirchensteuer handele es sich um eine staatliche Subvention der Kirchen. Die Steuer sei vielmehr „ein Mittel der Selbstfinanzierung der Kirche durch ihre Mitglieder“.

In Deutschland ist die Kirchensteuer eine gesetzlich festgelegte Abgabe der Kirchenmitglieder. Sie beträgt in der Regel neun Prozent der Lohn- und Einkommensteuer, in Baden-Württemberg und Bayern sind es acht Prozent. Sie wird über das staatliche Finanzamt eingezogen und an die Kirchen weitergegeben. Der Staat erhält für diesen Dienst etwa drei Prozent des Steuereinkommens.

Die daraus resultierenden Steuereinnahmen der beiden großen Kirchen in Deutschland waren im vergangenen Jahr deutlich angestiegen. Bei der katholischen Kirche kletterten sie auf den zweithöchsten Stand seit der Wiedervereinigung und erreichten rund 4,918 Milliarden Euro. Das waren 2,6 Prozent mehr als 2010, als sich die Einnahmen auf 4,794 Milliarden Euro beliefen.

(KNA)