Es war Ende der 50er Jahre, als die kleine Londoner Filmgesellschaft Hammer Films damit begann, in Vergessenheit geratene Horrorgeschichten anglikanischen Ursprungs zu entstauben und in grellen Popfarben auf die Leinwand zu bringen.

Berlin. Das jüngere Kinopublikum kennt Christopher Lee als Zauberer Saruman in den „Herr der Ringe“-Filmen von Peter Jackson oder als den finsteren Count Dooku in den „Star Wars“-Episoden „Der Angriff der Klonkrieger“ und „Die Rache der Sith“ von George Lucas. In weit mehr als 270 Filmrollen spielte Lee überwiegend finstere Charaktere und ist damit unter den Filmschauspielern absoluter Rekordhalter. Doch die Rolle, mit der er Ende der 50er Jahre weltweit berühmt wurde, ist Dracula. Für viele Cineasten ist und bleibt er der beste Dracula-Darsteller aller Zeiten. Heute (27. Mai) wird der Schauspieler 90 Jahre alt.

Es war Ende der 50er Jahre, als die kleine Londoner Filmgesellschaft Hammer Films damit begann, in Vergessenheit geratene Horrorgeschichten anglikanischen Ursprungs zu entstauben und in grellen Popfarben auf die Leinwand zu bringen. Monster, Vampire und Werwölfe durften einer neuen Kinogeneration gehörige Schauer über den Rücken jagen, darunter als Fürst der Finsternis Christopher Lee. Für ihn war es nach jahrelanger Durststrecke mit kleineren Rollen der Start zu einer außerordentlichen Filmkarriere.

Christopher Frank Carandini Lee kam am 27. Mai 1922 in London als Sohn eines Offiziers und einer italienischen Gräfin zur Welt. Nach der Schulausbildung diente er im Zweiten Weltkrieg bei der Luftwaffe und in einer Spezialeinheit des Nachrichtendienstes. Nach Kriegsende schwankte er zunächst zwischen der Schauspielerei und dem Wunsch, Opernsänger zu werden. Letzendlich entschied er sich für die Schauspielerei, doch der Musik blieb er bis heute ebenfalls treu. Immer wieder nutzte er Gelegenheiten zu musikalischen Auftritten und nahm mehrere Platten auf, unter ihnen auch einen Song mit der Heavy-Metal-Band Rhapsody.

Nachdem Christopher Lee in der Hammer Filmproduktion „Frankensteins Fluch“ (1957) bereits die Kreatur mimte, spielte er in dem Film „Dracula“ (1958) von Terence Fisher zum ersten Mal den transsilvanischen Grafen. Hochgewachsen, mit dunklen, Blut unterlaufenen Augen betrat Lee mit einer Aura gefährlicher Eleganz und unterschwelliger Sexualität die Bühne des Horrorfilms. Den Grafen spielte er dann noch mehrere Male und schuf so sein Image, das viele Jahre den Verlauf seiner Karriere bestimmen sollte – ein Gentleman des Bösen mit allen Abgründen und Sehnsüchten der menschlichen Seele.

Exotische Schurken und ein Bond-Bösewicht

In der Folgezeit verkörperte der überaus sprachbegabte Christopher Lee in internationalen Produktionen einige der schillerndsten Schurken der Filmgeschichte, darunter den von der Weltherrschaft besessenen Dr. Fu Man Chu oder den zwielichtigen Lord Sommerisle in dem inzwischen zum Kult avancierten Film „The Wicker Man“ (1973) von Robin Hardy. Unter all den Bösewichtern ragt die Rolle des Bond-Gegenspielers Scaramanga hervor, den Lee in „Der Mann mit dem goldenen Colt“ (1974) verkörperte.

Auf diese Rollen angesprochen zitiert Lee gern seinen Kollegen Anthony Hopkins, der gesagt haben soll: „Ich spiele keine Monster, ich spiele Menschen“. In einem „Tagesspiegel“-Interview aus dem Jahre 2005 fügte Lee hinzu: „Dracula, Frankensteins Monster und die Mumie sind keine Menschen. Aber für meine anderen Rollen möchte ich schon in Anspruch nehmen, Facetten des Menschlichen darzustellen.“

Ab und zu wechselte Lee in andere Rollenfächer und Genres. So war er Kardinal Richelieus Handlanger Rochefort in „Die drei Musketiere“ (1973) von Richard Lester und Sherlock Holmes kongenialen Bruder Mycroft in Billy Wilders „Das Privatleben des Sherlock Holmes“ (1969). Den Meisterdetektiv selbst verkörperte er in den 90er Jahren in einer britischen Fernsehserie an der Seite von Patrick MacNee.

Der Traum, einmal Don Quichote zu spielen, ist ihm noch geblieben, wie er dem „Wiesbadener Kurier“ vor Jahren verriet. Einen anderen Traum hat er sich der Zeitung zufolge aber erfüllt: die Rolle des Saruman im Film „Herr der Ringe“. Ob mit Zauberstab oder als Count Dooku mit Laserschwert – Lee scheint sich auch in seinen Altersrollen mit finsteren Charakteren besonders wohlzufühlen.

Christopher Lee ist seit 1961 mit dem ehemaligen dänischen Fotomodell Birgit Kroenke verheiratet. Das Paar hat eine gemeinsame Tochter. 2009 wurde Lee von Königin Elizabeth II. in den Ritterstand erhoben und darf seitdem den Titel „Sir“ in seinem Namen tragen.

(dapd)