Ex-Minister Blüm kritisiert Rauswurf Röttgens aus dem Kabinett. Kauder sagte der „Bild“-Zeitung (Montagausgabe): „In der Union kann jeder seine Meinung sagen. Vor allem für uns, die wir Verantwortung tragen, muss aber gelten: Zuerst kommt das Land und die Menschen, dann erst die Partei und ganz zum Schluss komme ich.“

Berlin. In der Union reißt die Debatte nach der Entlassung von Umweltminister Norbert Röttgen durch Kanzlerin Angela Merkel (beide CDU) nicht ab. Unionsfraktionschef Volker Kauder warnte Röttgen am Wochenende vor einer „Abrechnung“ mit der CDU-Vorsitzenden. Der Ex-Minister soll einem Bericht der Zeitung „Bild am Sonntag“ zufolge angekündigt haben, die Umstände seiner Entlassung öffentlich zu machen. Merkel habe ihm vor der NRW-Wahl versichert, auch bei einer Niederlage sei er als Umweltminister für die Energiewende unverzichtbar. Ex-Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) kritisierte die Entlassung Röttgens.

Kauder sagte der „Bild“-Zeitung (Montagausgabe): „In der Union kann jeder seine Meinung sagen. Vor allem für uns, die wir Verantwortung tragen, muss aber gelten: Zuerst kommt das Land und die Menschen, dann erst die Partei und ganz zum Schluss komme ich.“

Kauder: TV-Interview Seehofers spielte keine Rolle

Ausweichend antwortete der CDU-Politiker auf die Frage, ob Röttgen seinen CDU-Vizeposten aufgeben solle: „Das ist seine Entscheidung – und er ist ja manch gutem Rat vor der Landtagswahl nicht gefolgt.“ Das TV-Interview von CSU-Chef Horst Seehofer habe bei der Entlassung durch Merkel jedoch keine Rolle gespielt, versicherte Kauder.

Seehofer hatte Röttgen in einem ZDF-Interview für das desaströse CDU-Ergebnis bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen verantwortlich gemacht. Kurz darauf entließ Merkel den Umweltminister.

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Michael Fuchs, forderte Umwelt- und Wirtschaftsministerium zu einer stärkeren Zusammenarbeit bei der Energiewende auf. Dem „Hamburger Abendblatt“ (Montagausgabe) sagte der CDU-Politiker, die Zusammenarbeit beider Häuser sei „zuletzt nicht optimal“ gewesen.

Kritik übte Fuchs an Röttgen. „Röttgen hat als Minister für die Energiewende offenbar falsche Signale ausgesandt. Die Energiewende muss gemeinsam mit allen Akteuren gestaltet werden – und das möglichst schnell.“ Dagegen lobte Fuchs Röttgens designierten Amtsnachfolger Peter Altmaier (CDU): „Peter Altmaier ist ein Politiker, der unterschiedliche Positionen gut integrieren kann. Genau das wird nun gebraucht.“

Blüm: „Uraufführung in der deutschen Nachkriegsgeschichte“

Dagegen kritisierte der frühere Bundesarbeitsminister Norbert Blüm die Entlassung Röttgens aus dem Kabinett in scharfer Form. „Das entspricht nicht meinen Vorstellungen, wie man miteinander umgeht“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Montagausgabe). „Drei Tage vor der Wahl gilt Röttgen als großer Hoffnungsträger, der gemeinsam mit der Bundeskanzlerin gefeiert wird. Und drei Tage nach der Wahl wird er in die Wüste geschickt. Das ist nicht gut für eine christlich-demokratische Partei.“

Neben Röttgen gebe es viele Beispiele von Politikern, die für ein Amt kandidiert hätten und dann in ihren alten Ämtern geblieben seien, fügte Blüm hinzu. Er selbst sei ein solches Beispiel, da er 1990 wie Röttgen CDU-Spitzenkandidat in Nordrhein-Westfalen gewesen und nach der Niederlage Bundesarbeitsminister geblieben sei. Dass man wegen einer Wahlniederlage vor die Tür gesetzt werde, sei eine „Uraufführung in der deutschen Nachkriegsgeschichte“.

Blüm griff zudem den nordrhein-westfälischen CDU-Generalsekretär Oliver Wittke an. Es sei „relativ neu, dass ein Generalsekretär mit einer Wahlniederlage nichts zu tun hat“. Wittke könne sich „nicht einfach so aus dem Staub machen“. Wahlen würden nicht nur von Einzelnen verloren, sondern von mehreren. Das gelte auch für ihn.

(dapd)