Tschechien. Die Benes-Dekrete, die bisher einer Versöhnung zwischen Tschechen und Sudentendeutschen entgegenstehen, schufen die Voraussetzung für die 1945 von den Alliierten im Potsdamer Abkommen gebilligte Ausweisung der deutschen Minderheit aus der Tschechoslowakei. Damit sollten die Sudetendeutschen für ihre angebliche Unterstützung der deutschen Nationalsozialisten bestraft werden. Die vom früheren tschechoslowakischen Präsidenten Edvard Benes (1884-1948) zum Teil im Londoner Exil erlassenen Dekrete dienten Behörden und vielen Bürgern als Freibrief für einen Rachefeldzug und gehören zu den umstrittensten europäischen Rechtsakten.

Die Vertreibung selbst kommt nicht in den Dekreten vor. In ihnen ist stattdessen von der Bestrafung der „Landesverräter“ die Rede. Jedoch wurden nach dem 8. Mai 1945 generell Mitglieder der deutschen Minderheit abgeschoben, darunter auch Antifaschisten und sogar deutschsprachige Juden. Auch die vorwiegend in der Slowakei lebende ungarische Minderheit wurde ihrer politischen Rechte und wirtschaftlichen Lebensgrundlage beraubt. Nach dem Zerfall des Ostblocks und der Konstituierung der Tschechischen Republik belastete die Auseinandersetzung um die Benes-Dekrete und ihre Folgen das deutsch-tschechische Verhältnis. Erst die Deutsch-Tschechische Erklärung von 1997 konnte die Spannungen ausräumen. Darin erkennen beide Seiten ihre Verantwortung an.

Viel Hoffnung liegt jetzt auf der geplanten Reise des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer nach Tschechien. Seehofer ist gleichzeitig auch Schirmherr der Sudetendeutschen.