Hamburg. Im Podcast „Vier Flaschen“ mit Winzer Michael Malat wurde diesmal Grüner Veltliner verschiedenen Alters verkostet.

Wie (unterschiedlich) schmeckt eigentlich der gleiche Wein aus drei verschiedenen Jahrgängen? Dieser Frage gehen Weinkenner Michael Kutej, Riesling-Liebhaber Lars Haider und Biertrinker Axel Leonhard diesmal in unser Reihe „Vier Flaschen“ nach (zu hören unter www.abendblatt.de/Podcasts, zu sehen auf unserem YouTube-Kanal, zu lesen jeden zweiten Sonnabend an dieser Stelle).

Eingeladen haben sie sich dazu Michael Malat, einen Winzer aus dem österreichischen Kremstal, das vor allem für Grünen Veltliner, „die wichtigste Rebsorte Österreichs“, und Riesling bekannt ist. Malat führt das 1722 gegründete Weingut in der zehnten Generation und ist deshalb der ideale Gast für das Jahrgang-Experiment, „weil er anders als viele Winzer von seinen Weinen ein gewisses Kontingent nicht verkauft, sondern zurücklegt“, so Kutej.

Von 2017, 2011 und 2007: drei Jahrgänge im Vergleich

Wie zum Beispiel den Grünen Veltliner Gottschelle, von dem hintereinander die Jahrgänge 2017, 2011 und 2007 bei den „Vier Flaschen“ probiert werden. Wobei der Test mit einem Missgeschick beginnt: Lars Haider bricht gleich beim Öffnen der ersten Flasche der Korken ab, was zum einen daran liegt, dass der mit fast fünf Zentimetern besonders lang ist. Und zum anderen daran, „dass du die Spindel des Kellnermessers nicht weit genug reingedreht hast“, wie Kutej sagt. Merke: „Man sollte die Spindel komplett versenken, sie kann auch ruhig unten wieder rauskommen.“ Das Problem: Haiders Spindel ist zu kurz …

Zum Grünen Veltliner, Jahrgang 2017: „Natürlich habe ich diese Pfefferwürze in der Nase, für die der Grüne Veltliner steht, aber sie ist nicht aufdringlich“, sagt Kutej. Er schmeckt reife Äpfel, Malat sogar Mangos. 2017 sei ein Jahr gewesen, in dem aus Sicht der Winzer fast alles optimal gelaufen ist – ganz anders als im Jahr davor. „2016 hatte ich die längste Weinernte, seit ich das Unternehmen führe, 2017 die kürzeste“, sagt Malat. Die Trauben seien sehr gesund und homogen gewesen, man habe kaum aussortieren müssen: „Das war ein Superjahr, so wie man sich das wünscht.“

Wetter spielt eine große Rolle

Und 2011, das Jahr, aus dem die zweite Flasche stammt? Das Gegenteil, „kein Jahr, das ich gut in Erinnerung habe“. Der Grund: Es war sehr warm, „die Zuckerreife ging schneller voran als die allgemeine Reife der Trauben, was dazu führen kann, dass die Weine sehr mächtig werden“. Das ist ein Nachteil. Ein Vorteil von warmen Jahren, zu denen auch 2003 und 2011 gehören, sei, dass sie Weinen ein langes Leben schenken könnten. Und tatsächlich: Man schmeckt den Unterschied, der 2011er ist süßer und milder, hat weniger Säure, der klassische pfeffrige Geschmack des Grünen Veltliners tritt in den Hintergrund, was dazu führt, dass Riesling-Liebhaber Haider diesen Wein „deutlich lieber“ mag als den ersten. „Ich glaube: Neun von zehn Menschen wird der 2011er besser schmecken als der 2017er, er ist einfach harmonischer“, sagt Kutej.

Michael Malat führt seit 2008 das Weingut Malat  nahe der Donau.
Michael Malat führt seit 2008 das Weingut Malat nahe der Donau. © Christian Jungwirth

Bleibt Flasche drei aus 2007. „Das war ein Jahr mit Hoch und Tiefs, es gab viel Hagel, die Ernte fiel kleiner aus. Die Weine sind aber eigentlich sehr bekömmlich geworden“, sagt Malat. Man sieht dem Wein schon an der Farbe an, dass er älter ist, Kutej schmeckt wie bei der Flasche aus 2017 „gelben Apfel, allerdings ist er jetzt kandiert“. Tatsächlich sind sich alle bei den „Vier Flaschen“ einig, dass der Jahrgang 2017 dem Jahrgang 2007 deutlich ähnlicher ist als dem 2011er. „Der Sprung zwischen 2011 und 2007 ist deutlicher, weil das Wetter in den Jahren ein völlig anderes war. 2007 und 2017 waren sich dagegen sehr ähnlich“, sagt Malat. Ist es nun, wie Kutej behauptet, ein besonderes, ein anderes Erlebnis, den zehn Jahre älteren Grünen Veltliner zu trinken? „Nein“, sagt Lars Haider, und dass er den Unterschied quasi nicht schmecke. „Doch“, sagt Axel Leonhard, „aber vielleicht liegt es auch daran, dass ich weiß, dass der eine Wein älter ist als der andere.“

„In guten Jahren kann jeder gute Weine machen“

Malat mag übrigens Jahre, die wettertechnisch schwierig sind, lieber als solche, in denen alles glatt läuft: „In guten Jahren kann jeder gute Weine machen. In schwierigen Jahren trennt sich auch bei den Winzern die Spreu vom Weizen. Da kannst du zeigen, was du draufhast.“ Gibt es überhaupt Jahrgänge, von denen man sagen kann, dass sie eine Katastrophe beziehungsweise eine Sensation waren? „2014 war in Deutschland und Österreich ein extrem schwieriges Jahr, aus dem es kaum gute Weine gibt“, sagt Kutej. „In solchen Jahren muss man dann große Mengen der Ernten wegschmeißen, um aus dem verbleibenden Rest noch gute Weine machen zu können.“ Und das Top-Jahr? „2017 gehört dazu“, so Malat. „Auch 2015 und 2018 sind in Deutschland sehr viele gute Weine entstanden“, sagt Kutej.

Winzer Michael Malat (o. l.) per Video zu Gast bei Axel Leonhard (o. r), Lars Haider (u. l.) und Michael Kutej (u. r.) im Podcast „Vier Flaschen“.
Winzer Michael Malat (o. l.) per Video zu Gast bei Axel Leonhard (o. r), Lars Haider (u. l.) und Michael Kutej (u. r.) im Podcast „Vier Flaschen“. © Axel Leonhard

Die vierte Flasche hat Malat auch mitgebracht: ein Winzer-Sekt, ein Rosé Brut Reserve aus dem Jahr 2015, der leicht buttrig, nach Mandeln und Haselnüssen schmeckt. „Mein Vater war der erste Winzer Österreichs, der begonnen hat, selbst zu versekten“, sagt Malat. Der Rosé ist zu 100 Prozent aus Pinot Noir gemacht und sollte deshalb nicht aus einem Sekt-, sondern aus einem Burgunderglas getrunken werden.

Universalglas reicht für die Weißweine

In den Verkostungen der „Vier Flaschen“ wird der Wein immer aus einem Universalglas getrunken. Reicht das für alles? „Definitiv nein. Ein Glas für alles kann nicht gehen, auch wenn es Gläser gibt, die schon ein sehr breites Spektrum abdecken“, sagt Malat. „Ich erlebe oft, dass sich Menschen unterschiedlichste Weingläser kaufen und dann bei der Bewirtung von Gästen völlig gestresst sind, weil sie nicht oder nicht mehr wissen, welches Glas zu welchem Wein passt“, kontert Kutej. „Das braucht keiner.“

Was braucht man denn nun wirklich? Kutej: „Ein Universalglas reicht für die Weißweine, dann sollte man noch Gläser für Burgunderweine, Bordeaux und Champagner haben.“ Apropos Champagner: Kutej findet, dass ein „gut gemachter Winzer-Sekt“ eine echte und deutlich günstigere Alternative dazu ist.