Hamburg. Der frühere Kiezclub-Torhüter Philipp Heerwagen erzählt im Podcast über seine Zeit in Hamburg und warum er ein Bayern-Angebot ablehnte.

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Den Weg zum Millerntor-Stadion wird Philipp Heerwagen an diesem Freitagabend ganz bequem zu Fuß absolvieren. Der dritte Torhüter des SV Sandhausen hat seine Wohnung im Schanzenviertel, die er während seiner Zeit beim FC St. Pauli bewohnt hatte, auch nach seinem Wechsel in die Kurpfalz behalten. Da der 37-Jährige nicht im Kader des Tabellen-16. steht, schlief er nicht wie seine Kollegen im Hotel, sondern in seinen eigenen vier Wänden.

Die Partie bei St. Pauli wollte Heerwagen auf keinen Fall verpassen, schließlich verbrachte der Schlussmann insgesamt fünfeinhalb Jahre beim Kiezclub. Da der Zugang zum Stadion wegen des Hygienekonzepts der Deutschen Fußball-Liga (DFL) aber streng geregelt ist, musste Heerwagen bis zuletzt hoffen, dass in der Funktionärsdelegation von Sandhausen noch ein Plätzchen für ihn frei ist. Mit Erfolg.

„Vielleicht stelle ich mich mit Sandhausen-Schal in den Gästeblock auf der Nordtribüne“, sagt Heerwagen mit einem Augenzwinkern. Seine Rolle als Glücksbringer muss er aber wie alle anderen Delegationsmitglieder auch auf der Haupttribüne ausfüllen. „Das werde ich! Wir brauchen die Zähler für den Klassenerhalt viel dringender als St. Pauli. Die können die Punkte auch noch woanders holen“, scherzt der ehemalige Hamburger in der neuen Folge des Abendblatt-Podcasts „Millerntalk“.

Diekmeier und die St.-Pauli-Totenkopftasse

Bei aller Loyalität für seinen derzeitigen Arbeitgeber: Der FC St. Pauli ist immer noch tief in seinem Herzen verankert. Wie sehr, das zeigt Heerwagen auch in der Kabine des SV Sandhausen. Regelmäßig treffen sich dort die Führungsspieler vor den Trainingseinheiten zu einer Tasse Kaffee, um alltägliche und sportliche Themen zu besprechen. Mit dabei ist auch sein Kumpel und Sitznachbar Dennis Diekmeier (31), der neun Jahre für den HSV gespielt hat.

„Mich hat es immer geärgert, dass Dennis mit so einem Wegwerfbecher ankam. Ich habe ihm also gesagt, dass er mal eine ordentliche Tasse braucht. Also habe ich ihm eine St.-Pauli-Totenkopftasse besorgt. Er musste natürlich schmunzeln, trinkt aber seinen Kaffee mittlerweile gerne aus dieser Tasse“, scherzt Heerwagen.

Wie zu seiner Zeit bei St. Pauli genießt der Torhüter wegen seiner empathischen Art auch in Sandhausen innerhalb der Mannschaft hohes Ansehen. Rein sportlich hat sich der Wechsel zum ewigen Underdog der Zweiten Liga aber nicht ausgezahlt. Seit seinem Transfer vom FC Ingolstadt nach Sandhausen im Sommer 2019 hat der ehemalige Juniorennationalspieler noch keine einzige Partie absolviert. Dabei war gerade in dieser Saison durchaus Bewegung auf der Torhüterposition.

Stammkeeper Martin Fraisl (27) wurde nach einem heftigen Kabinenstreit mit Trainer Michael Schiele (42) fristlos gekündigt. Anschließend übernahm Ersatzkeeper Rick Wulle (26), der aber auch nicht restlos überzeugen konnte. Deshalb verpflichtete der SVS im Winter Stefanos Kapino (26) von Werder Bremen als neue Nummer eins. Der Name Heerwagen fiel nicht. „Die Vereinsführung hat sich entschieden, einen anderen Weg zu gehen“, sagt Heerwagen, dessen Vertrag in Sandhausen nach dieser Spielzeit ausläuft.

Heerwagen hat Erfahrung als Schauspieler

Zumal er sich körperlich so gut fühlt wie schon lange nicht mehr. Deshalb hat sich der Schlussmann bereits jetzt festgelegt, dass ein Karriereende im kommenden Sommer trotz seines fortgeschrittenen Fußballeralters kein Thema ist. „Mein Körper sagt mir, dass ich die 40-Jahre-Marke als Aktiver noch knacken kann. Ich traue mir weiterhin zu, auf hohem Niveau spielen zu können“, sagt Heerwagen und fügt an: „Es macht mir immer noch Spaß, mich im Training zu quälen. Das Feuer brennt noch zu sehr in mir, als dass ich jetzt einfach aufhören könnte.“

Dabei gab es immer mal wieder interessante berufliche Alternativen außerhalb des Rasens. Vor allem im Bereich Schauspielerei hat Heerwagen bereits erste Erfahrungen gesammelt. So spielte er in der internationalen Krimiproduktion „Anti Social“ eine kleine Rolle. Regisseur Reg Traviss (43) war von Heerwagen derart begeistert, dass er einen Film über Torwartlegende Bert Trautmann machen wollte – mit dem ehemaligen St.-Pauli-Profi in der Hauptrolle. Ob das Projekt jemals realisiert wird, ist unklar, aber Heerwagen hat Blut geleckt, was die Bereiche Film und Fernsehen betrifft. Der Fußballprofi hat durch seine ältere Schwester Bernadette (43), die bereits eine erfolgreiche Schauspielerin ist, beste Drähte in die Unterhaltungsbranche.

Im vergangenen Jahr hatte Heerwagen die Chance, in einer ZDF-Produktion mitzuwirken. „Meine Schwester hat ein wenig den Part der Managerin übernommen. Aber leider hat Corona dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung gemacht“, erklärt der Keeper und ergänzt: „Aber Schauspieler kann ich auch noch werden, wenn ich alt bin. Ich sehe meine berufliche Zukunft – auch über die aktive Karriere hinaus – im Sport. Und das im Idealfall in Hamburg.“