Hamburg. Lars Haider spielt mit Kunsthallen-Direktor Alexander Klar „Ich sehe was, was du nicht siehst“. Heute: ein Stillleben von James Ensor.

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Einmal die Woche spielen Hamburgs Kunsthallen-Direktor Alexander Klar und Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider „Ich sehe was, was du nicht siehst“ – und zwar mit einem Kunstwerk. Eine halbe Stunde schauen sich die beiden ein Gemälde, eine Fotografie oder eine Skulptur an und reden darüber: „Ein Gespräch ist die beste Möglichkeit, Kunst zu erschließen“, sagt Alexander Klar.

Ein Bild wie ein Schaufenster. Der Belgier James Ensor (1860-1949) hat es 1896 mit Öl auf Leinwand gemalt und es „Stillleben mit Masken“ genannt. Er hat die fratzenhaften Antlitze auf dem Bild verteilt und mit kühnen Farben ausgestaltet. Im Vordergrund sieht man außerdem Spielkarten und eine Tabakspfeife.

Palette und Pinsel verweisen auf den Künstler, der anders als in vielen seiner Bilder hier darauf verzichtet hat, sich auch noch selbst darzustellen. Das hat James Ensor sonst immer besonders gern getan und ist dabei oft recht exzentrisch vorgegangen. Mal hat er sich als Hering gezeigt, mal als ein malendes Skelett.

James Ensor ist an der Nordsee aufgewachsen

Ensor ist in Ostende an der Nordsee aufgewachsen. Seine Mutter betrieb dort einen Souvenir- und Kuriositätenladen, aus dem auch viele der hier dargestellten Masken stammen dürften. Er selbst hat geschrieben, er sei aufgewachsen umgeben von „Muscheln, Spitze, ausgestopften seltenen Fischen, alten Büchern, Druckgrafiken, Waffen, Porzellan, inmitten eines unüberschaubaren Sammelsuriums bunt zusammengewürfelter Gegenstände“. Die ungewöhnliche Umgebung, mutmaßte er, habe zur Entwicklung seiner künstlerischen Fähigkeiten beigetragen.

"Stillleben mit Masken", Öl auf Leinwand (1896) von James Ensor. © SHK / Hamburger Kunsthalle / bpk

Gefördert von seinem britischen Vater, ging Ensor 1877 nach Brüssel, um an der Kunstakademie zu studieren. Aber die Lehrdoktrin dort gefiel ihm nicht. Er brach das Studium ab und ging zurück nach Ostende, wo er sich auf dem Dachboden im Haus seines Vaters ein Atelier einrichtete. Zunächst malte er Landschaftsbilder und Genreszenen wie „Die Austernesserin“, das seine Schwester Mitche zeigt. Als das Werk für den Salon in Antwerpen als zu kühn abgelehnt wurde, reagierte er enttäuscht.

Die Linie als „Feind des Genies“

Ensor hat sich für die Wirkung des Lichts begeistert. Die Linie betrachtete er dagegen als „Feind des Genies“. Versuche, ihn in die Nähe der Impressionisten zu rücken, hat er stets zurückgewiesen. „Erst ich habe die Form des Lichts, die dadurch entstehenden Verzerrungen erkannt“, argumentierte er selbstbewusst. „Edouard Manet hat die alten Meister nicht übertroffen.“

„Stillleben mit Masken“ rechnet man Ensors Spätwerk zu. 1887 waren sein Vater und seine geliebte Großmutter gestorben. Der Verlust markierte einen Wendepunkt in seiner Karriere. Danach findet man auf seinen Bildern immer wieder Masken und Skelette.

Dieses und weitere Werke finden Sie in der Online-Sammlung der Hamburger Kunsthalle