Hamburg. “Ich sehe was, was du nicht siehst“ – das Kunstspiel zum Mitmachen. Diesmal: Jakob Philipp Hackerts „Die Wasserfälle von Tivoli“.

Komm ein bisschen mit nach Italien“ sangen Caterina Valente und Silvio Francesco 1956 gemeinsam im Film „Bonjour Katrin“ und machten den Bundesbürgern damit Lust auf Urlaub im Süden. Was im Wirtschaftswunder-Deutschland noch leicht exotisch wirkte, hat es aber schon Jahrhunderte vorher gegeben. Die Reize des Landes, wo die Zitronen blühen, waren den Menschen nicht verborgen geblieben. Schon gar nicht den Künstlern.

Der Maler Jakob Philipp Hackert (1737–1807) stammte aus Prenzlau und begann seine Ausbildung bei seinem Vater. Später studierte er in Paris, aber er hatte ein anderes Ziel, er wollte die „Studien der schönen Natur in Italiens reizenden Gegenden fortsetzen und sich in Roms lehrreichem Aufenthalte völlig ausbilden“. Also reiste er mit seinem Bruder Georg, einem Kupferstecher, nach Rom. Philipp wurde Hofmaler von König Ferdinand IV. von Neapel und war sowohl künstlerisch als auch wirtschaftlich erfolgreich.

Sein Bild „Die Wasserfälle von Tivoli“ entstand 1785. Viele Maler haben dieses Motiv der kleinen Stadt in der Nähe von Rom, wo auch die Kaiser Hadrian, Augustus und Claudius ihre Villen hatten, festgehalten.

Um dieses Kunstwerk geht es: Jakob Philipp Hackert (1737–1807), „Die Wasserfälle von Tivoli“, 1785.
Um dieses Kunstwerk geht es: Jakob Philipp Hackert (1737–1807), „Die Wasserfälle von Tivoli“, 1785. © Kunsthalle Hamburg

Kunst-Podcast: Hackert setzte auf Harmonie

Wasserfälle sind immer ein Naturspektakel, aber Hackert setzte lieber auf Harmonie und akribisch ausgemalte Landschaften. Die urkräftige Macht des Wasserfalls löste er in filigrane Schleier auf. Die Idylle dominiert. Vorn rechts im Bild sieht man eine Schäferszene, auf dem Berg thront ein Glockenturm. Die Anordnung der Motive, die Hackert stets mit genauen Umrisszeichnungen begann, gibt dem Bild Tiefenschärfe.

Ein Jahr nach der Fertigstellung dieses Bildes traf Hackert in Neapel den anderen großen Italien-Fan der Zeit, Johann Wolfgang von Goethe. Der hielt den Maler für einen ganz Großen und schrieb über ihn: „Ein angeborenes entschiedenes Talent, durch anhaltenden Fleiß ausgebildet und gesteigert, ein reines ruhiges Gemüt, eine klare Denkweise und eine bei vieler Weltkenntnis und Gewandtheit unbefleckt erhaltene Redlichkeit bezeichneten seine Natur. Sein rastloses Wesen, seine Ausdauer waren musterhaft, seine Heiterkeit, sein Gleichmut beneidenswert. Er zeigte durchaus die bereitwillige Anhänglichkeit an seinen Herrn, den König, eine mehr als väter­liche Sorgfalt für seine Brüder und eine unverrückte treue Neigung gegen die, welche ihm seine Freundschaft abzugewinnen wussten.“

Hackert wurde Goethes Zeichenlehrer, Goethe Hackerts Biograf. Heute gilt Hackert als einer der angesehensten deutschen Landschaftsmaler des frühen Klassizismus. Zeitgenössische Kritiker sahen ihn kritisch. Goethe idealisierte ihn. „In Tivoli war ich bei Herrn Hackert draußen, der eine unglaubliche Meisterschaft hat, die Natur abzuschreiben und der Zeichnung gleich eine Gestalt zu geben.“

E.T.A. Hoffmann sah in Hackerts Bildern noch etwas anderes. Er empfahl die silbrigen Idyllen der „Mondgegenden“ als probates Gegenmittel gegen Migräne oder Nasenbluten.