Lars Haider spielt mit Kunsthallen-Direktor Alexander Klar “Ich sehe was, was du nicht siehst“. Heute: ein Werk von Regnault.

Einmal die Woche spielen Hamburgs Kunsthallen-Direktor Alexander Klar und Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider „Ich sehe was, was du nicht siehst“ – und zwar mit einem Kunstwerk. Eine halbe Stunde schauen sich die beiden ein Gemälde, eine Fotografie oder eine Skulptur an und reden darüber: „Ein Gespräch ist die beste Möglichkeit, Kunst zu erschließen“, sagt Alexander Klar.

Jean-Baptiste Regnaults Bild „Tod oder Freiheit“ (1794/95) entstand kurze Zeit, nachdem die Französische Revolution ausgebrochen war; es gilt als eine Ikone der französischen Revolutionsmalerei. „Im Zentrum steht der motivisch an Raffaels Merkur in der Farnesina in Rom erinnernde Genius Frankreichs, seine Flügel zieren die Farben der Trikolore“, so Andreas Stolzenburg, Leiter des Kupferstichkabinetts der Kunsthalle in seinem Text für die Sammlung Online.

"Seine Flügel tragen die Farben der Trikolore"

Und weiter: „Zu seiner Rechten sitzt etwas erhöht auf einem mit dem Ewigkeitssymbol der Schlange verzierten Thron die Personifikation der Französischen Revolution mit den Attributen Jakobinermütze, Winkelmaß und Liktorenbündel. Zur Linken des Genius ist der Tod als Gerippe mit Sense dargestellt; auch seine Flügel tragen die Farben der Trikolore, also Weiß, Rot und Blau.“

Symbolbild der Französischen Revolutionsmalerei: Jean-Baptiste Regnaults Gemälde „Freiheit oder Tod“ (1794/95).
Symbolbild der Französischen Revolutionsmalerei: Jean-Baptiste Regnaults Gemälde „Freiheit oder Tod“ (1794/95). © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

Der Titel des 60 mal knapp 50 Zentimeter großen Ölgemäldes spielt, verkürzt, auf den Schlachtruf der Revolution von 1793 an („liberté, egalité, fraternité ou la mort“ – „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit oder der Tod“). Er soll als „Mahnung und Aufruf stehen, den eigenen Tod nicht zu scheuen, um die Republik Frankreich und deren Ideale auf der unter der Figurengruppe wiedergegeben Erdkugel auf ewig Wirklichkeit werden zu lassen“, so Stolzenburg.

Regnault wird dem Klassizismus zugeordnet

Jean-Baptiste Regnault wurde 1754 in Paris geboren. Ausgebildet wurde er an der Ecole nationale superieure des beaux-arts. Der Historienmaler, Radierer und Grafiker wird dem Klassizismus zugeordnet; er schuf über 100 Gemälde, die unter anderem in den Sammlungen des Metropolitan Museum of Art, des Los Angeles Museum of Art sowie des Kunstpalast in Düsseldorf vertreten sind. Zu den farblich ausdrucksstärksten Werken zählen „Der Tod der Kleopatra“ (1796) und „Die Flut“ (1789).

Erstmalig präsentiert wurde „Freiheit oder Tod“ 1795 zusammen mit einer größeren Version im Pariser Salon. Das seit 1872 verschollene große Bild hing von 1799 bis 1805 im Palais Bourbon im Saal der Fünfhundert im Palazzo Vecchio, der mit 54 Metern Länge, 22 Metern Breite und 17 Metern Höhe größten Räumlichkeit von Florenz. In die Sammlung Alte Meister der Hamburger Kunstsammlung gelangte das hier gezeigte Werk 1846 durch eine Schenkung des Kaufmanns und Kunstliebhabers Otto Christian Gaedechens. Der Maler Regnault starb 1829 in Paris.

Dieses und weitere Werke können Sie hier in der Online-Sammlung der Kunsthalle sehen.