Hamburg. Lars Haider spielt mit Kunsthallen-Direktor Alexander Klar “Ich sehe was, was du nicht siehst“. Heute: ein Werk von Franz Marc.

Einmal die Woche spielen Hamburgs Kunsthallen-Direktor Alexander Klar und Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider „Ich sehe was, was du nicht siehst“ – und zwar mit einem Kunstwerk. Eine halbe Stunde schauen sich die beiden ein Gemälde, eine Fotografie oder eine Skulptur an und reden darüber: „Ein Gespräch ist die beste Möglichkeit, Kunst zu erschließen“, sagt Alexander Klar.

Für den Maler Franz Marc (1880–1916) hatten Tiere grundsätzlich eine ganz besondere Qualität. In ihnen manifestierten sich aus seiner Sicht Reinheit und Ursprünglichkeit, ein Einsein mit der Natur, das dem Menschen längst abhandengekommen war. Bestens bekannt sind Marcs blaue Pferde, doch obschon Pferde seine Lieblingstiere waren, beließ er es nicht bei ihnen. Auch das „Affenfries“, das in der Hamburger Kunsthalle zu sehen ist, gehört in diese Reihe der mit tiefer Bedeutung aufgeladenen Tierbilder.

„Ich suche mein Empfinden für den organischen Rhythmus aller Dinge zu steigern, suche mich pantheistisch einzufühlen in das Zittern und Rinnen des Blutes in der Natur, in den Bäumen, in den Tieren, in der Luft“, schrieb Marc in einem Aufsatz von 1910, ein Jahr, bevor er sein „Affenfries“ schuf.

Die Hinwendung zu den Tieren wurde, wenn nicht initiiert, so doch befeuert durch Marcs Bekanntschaft mit dem jungen Schweizer Tiermaler Jean-Bloé Niestlé. Dieser ermunterte ihn 1905 dazu, Tiere nicht quasi-realistisch zu malen, sondern sich vielmehr in sie hineinzuversetzen, das Innere im Äußeren zu spiegeln. Erster künstlerischer Ausdruck dieser Herangehensweise war das Bild „Der tote Spatz“.

Franz Marc wird 1916 östlich von Verdun getötet

Einfache klare Formen, die in sich zu schwingen scheinen, werden zu seinem Markenzeichen. Es ist eine Art organische Verbindung mit dem Universum, die sich hier ausdrückt. Franz Marc ist in dieser Zeit Mitglied der Künstlergemeinschaft Der Blaue Reiter, die er in München gemeinsam mit der Malerin Gabriele Münter (1877–1962) gegründet hat. Auch Paul Klee und August Macke schließen sich der Gruppe an; Marcs Werke werden zunehmend abstrakter.

Doch dann der große Einschnitt. Der Erste Weltkrieg bricht aus, und wie viele seiner Künstlerkollegen wird Franz Marc eingezogen. Anfangs ist er noch begeistert und verspricht sich eine Art Läuterung für eine dem Niedergang geweihte Kultur, doch bald erkennt auch er die grausige Realität.

1916 stellt er schließlich einen Antrag auf Entlassung aus dem Kriegsdienst, doch die Initiative kommt zu spät: Am 4. März desselben Jahres wird Marc als Leutnant der Landwehr 20 Kilometer östlich von Verdun von einem Granatsplitter am Kopf getroffen und stirbt. Seinen Leichnam lässt seine zweite Ehefrau Maria Marc 1917 nach Kochel am See überführen.

Dieses und weitere Werke können Sie hier in der Online-Sammlung der Kunsthalle sehen.