Hamburg. Der frühere HSV-Stürmer, der 1987 mit den Hamburgern den DFB-Pokal gewann, spricht über seinen großen Schicksalsschlag.

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Das Spiel zwischen dem HSV und dem 1. FC Nürnberg wird sich der Nürnberger Manfred Kastl am Montagabend zu Hause in Nürnberg anschauen. Doch trotz aller Verbundenheit zu Nürnberg drückt der frühere HSV-Stürmer den Hamburgern die Daumen. „Ich bin in der Jugend aus Protest nach Fürth gewechselt, weil der Club mich ins zweite Glied gesteckt hat“, erzählt Kastl am Freitag drei Tage vor dem Spiel seiner Ex-Clubs.

Von 1986 bis 1988 stürmte der heute 55-Jährige zwei Spielzeiten lang unter Ernst Happel für den HSV und holte 1987 den bislang letzten Titel, als die Hamburger im Finale gegen die Stuttgarter Kickers den DFB-Pokal gewannen. Seit elf Jahren lebt Kastl wieder in seiner Heimatstadt Nürnberg. „Ich bin nach meinem Schicksalsschlag zurückgekehrt, um mich dort zu erholen.“

Kastl sitzt vor dem Computer und ist dem Abendblatt via Zoom zugeschaltet und spricht im Podcast HSV – wir müssen reden über den tragischen Moment im September 2004, der sein Leben schlagartig verändern sollte. Dass der Franke heute überhaupt noch lebt und über das schlimme Ereignis sprechen kann, war lange Zeit nicht klar. Mehrere Wochen lang lag Kastl im Koma, nachdem er einen Autounfall nur knapp überlebte. „Ich habe viele Jahre gebraucht, um wieder Erinnerungen zu schaffen. Wie es passiert ist, weiß ich nur aus dem Polizeibericht“, sagt Kastl 15 Jahre später.

Kastl spricht über Horror-Unfall

Der ehemalige Bundesligastürmer, der 1992 mit dem VfB Stuttgart Deutscher Meister wurde, war zu einem Golf- und Fußballwochenende einer Promiauswahl in einen Kurort in Tschechien kurz hinter der Grenze zu Bayern eingeladen. Nachdem Kastl und seine Kollegen abends beim Essen zusammensaßen und Alkohol tranken, brachte ihn ein Fahrer zurück ins Hotel. Doch dort kamen sie nicht an. „Der Fahrer ist von der Straße abgekommen und mit 100 km/h in die Bäume gekracht. Das war für mich der Filmriss“, sagt Kastl. Der Fahrer starb. Kastl erlitt multiple Knochenbrüche und wurde mit einem Rettungshubschrauber in eine Spezialklinik nach Regensburg geflogen. Dort kämpften die Ärzte erfolgreich um sein Leben.

Doch der Kampf des Manfred Kastl zurück in sein Leben sollte nun erst beginnen. Kastl konnte nicht mehr sprechen, nicht mehr laufen. „Es war alles weg. Ich musste alles wieder lernen.“ Es dauerte Jahre, aber er schaffte es. Der Familienvater wirkt gefasst, wenn er über dieses Ereignis spricht. Doch der Weg zurück ins Leben hat ihm nicht nur viel Kraft gekostet, sondern auch viel Geld. Weil der tödlich verunglückte Fahrer aus Tschechien kam, übernahm die Versicherung in dessen Heimat die Zahlungen.

Doch das Geld reichte nicht, um die Kosten auszugleichen, die der privat versicherte Kastl für seine Wiederherstellung bezahlen musste. Der Ex-Stürmer, für den Bayer Leverkusen 1988 die damalige HSV-Rekordsumme von 2,5 Millionen Mark in den Volkspark überwies, geriet in „private, finanzielle Schieflage“, wie er heute sagt.

Kastl kämpft um verlorenes Geld

Es begann ein langer Rechtsstreit, der vor drei Jahren abgeschlossen wurde. Doch das Geld, das Kastl verlor, will er zurück. Dafür hat er auch seine Ex-Clubs HSV, Stuttgart und Leverkusen um Hilfe gebeten. „Der HSV gehörte immer zu den Ersten, die sich gemeldet haben“, sagt Kastl, der sich über weitere Unterstützung freuen würde. „Es wäre toll, wenn es über den HSV gelingt, eine Rechtsberatung zu finden, damit ich die wirtschaftlichen Verluste minimieren kann. Denn das kostet viel Zeit.“

Kastls Kampf geht weiter. Helfen tun ihm dabei die Erinnerungen an seinen größten Triumph. Den Pokalsieg mit dem HSV. Aber auch die Party danach mit Hermann Rieger morgens am Fischmarkt. Kastl lächelt übers ganze Gesicht: „So etwas vergisst man nicht.“