Hamburg. Im Abendblatt-Podcast spricht der Hamburger Gewerkschaftler und SPD-Politiker Wolfgang Rose über den Lektor und Kulturpolitiker.

So einen wie ihn gibt es heute eigentlich nicht mehr. Das sagt der Hamburger Gewerkschaftler und SPD-Politiker Wolfgang Rose über Freimut Duve im neuen Abendblatt-Podcast „Geliebt & Unvergessen“. Mit dieser Reihe erinnert das Abendblatt im Gespräch mit Weggefährten an verstorbene Hamburger, die bedeutsam für das öffentliche Leben waren.

Freimut Duve, der am 3. März im Alter von 83 Jahren in der Hansestadt starb, war beides: ein Intellektueller und ein Politiker, der Gespür und Talent für das parlamentarische Machtgefüge hatte. „Diese beiden Pole waren bei ihm in einer Balance“, sagt Wolfgang Rose, „und das gibt es heute praktisch kaum noch in der Politik.“

Für die SPD, deren Mitglied Freimut Duve war, bildete der linke Publizist und frühere Lektor des Rowohlt Verlages gleichsam ein „Scharnier“ zwischen Schriftstellern, Künstlern und den Funktionären unter den Genossen.

Mutter verheimlichte den Vater

Duve, der am 26. November 1936 in Würzburg geboren wurde, war das Kind einer wohlhabenden Hamburger Kaufmanns-Mutter und eines jüdischen Vaters. Die Mutter habe ihm den Vater verheimlicht, um ihren Sohn vor der NS-Verfolgung zu schützen. Duve galt in der Rassenideologie der Nazis als „jüdischer Mischling 1. Grades“. Sein Großvater mütterlicherseits, ein überzeugter Nationalsozialist, habe den Enkel deshalb als „Zigeunerkind“ beschimpft – und ihn enterbt, erinnert Wolfgang Rose.

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Diese Herkunft und die erlebte Ausgrenzung prägten seinen weiteren Lebensweg und sein Ethos entscheidend: „Bis zu seinem Lebensende setzte sich Freimut immer gegen Abschottungen von Menschen aus rassistischen und ethischen Gründen ein“, sagt Wolfgang Rose.

Als Beauftragter der Universität Hamburg kümmerte sich Duve in den 1960er-Jahren um die damaligen Gaststudenten und konzipierte Deutschkurse. Der Begriff „Deutsch für Ausländer“ ist seine Wortschöpfung – und von Bedeutung bis heute.

Wie so viele ging er wegen Willy Brandt in die SPD

Den Weg in die SPD fand Freimut Duve mit dem Vorbild Willy Brandt. 18 Jahre lang saß er für die Partei im Deutschen Bundestag und war kulturpolitischer Sprecher seiner Fraktion. Gelegentlich bezog der Hamburger Abgeordnete gar nicht typisch linke Positionen. So plädierte er für die deutsche Beteiligung beim militärischen Eingreifen im Jugo­slawienkrieg.

Intellektuell prägte Duve als Lektor des Rowohlt Verlages und Herausgeber der rororo-Reihe aktuell die Diskurse in der Bundesrepublik. „Seine Themen waren Freiheit, Ökologie und Menschenrechte“, sagt Rose.

Bis ins hohe Alter und von Gebrechen gezeichnet habe Freimut Duve an kulturellen Veranstaltungen teilgenommen, so an Premieren am Ernst Deutsch Theater. Wolfgang Rose: „Er war ein liebenswerter und warmherziger Mensch – und trotz seiner späten körperlichen Krankheiten an vielem interessiert und klar im Kopf.“

Diese und alle weiteren Folgen des Nachruf-Podcasts „Geliebt & Unvergessen“ finden Sie auf abendblatt.de/podcast.