Hamburg. Dr. Britta Goldmann, eine der bundesweit sehr wenigen Kardiologie-Chefärztinnen, über ihr „Herzensthema“ und wie man es behandelt.

Die Luft wird knapp, die Brust eng. Und manchmal verliert der Betroffene sogar plötzlich das Bewusstsein. „Ich sage meinen Patienten immer: Sie dürfen nicht vergessen, dass das Herz ganz dicht dran ist am Kopf. Wenn dort kein Blut mehr ankommt, kann so eine kurze Ohnmacht, eine sogenannte Synkope, vorkommen. Das ist natürlich eine Warnung“, sagt Dr. Britta Goldmann, Chefärztin für Kardiologie am Asklepios Klinikum Harburg.

In einer neuen Folge der „Digitalen Sprechstunde“, dem Podcast von Hamburger Abendblatt und Asklepios, spricht die Medizinerin über eines ihrer „Herzensthemen“, über neue Herzklappen. „Die werden logischerweise immer dann nötig, wenn die alten nicht mehr funktionieren.“ Zum Beispiel nach einem akuten Ereignis wie einem Herzinfarkt. Häufiger aber sei die Ursache eine chronische Verschleißerscheinung, die Klappen seien verkalkt. „Bei zehn bis 15 Prozent der über 80-Jährigen sehen wir diese degenerativen Veränderungen“, sagt die Kardiologin. Dieser Prozess schreite sehr langsam voran, es dauere oft Jahre, bis sich die anfangs beschriebenen Symptome zeigten.

Dr. Goldmann wollte ursprünglich Kinderärztin werden

Grundsätzlich unterscheide man zwei Situationen: Die Klappe schließt nicht richtig. Oder sie öffnet sich nicht korrekt. „Meistens ist die Schlagaderklappe extrem stark verengt. Statt vier Quadratzentimeter groß ist der Durchgang dann nur noch etwa 0,7 Quadratzentimeter klein. Dass so ein Nadelöhr dann Probleme macht, ist naheliegend“, sagt die Chefärztin, die nach einer Ausbildung zur medizinisch-technischen Assistentin an der Universität Hamburg Medizin studierte und zunächst Kinderärztin oder Chirurgin werden wollte, ehe sie ihr Herz für die Innere Medizin entdeckte.

Wenn ein Patient zu ihr komme, horche sie ihn zunächst mit dem Stethoskop ab. „Wenn man geübt ist, hört man dann schon an der Art des Rauschens, ob die Aortenklappe verengt oder die Mitralklappe undicht ist“, sagt die Expertin. Die Echokardiografie, also ein Herzultraschall, sei zudem ein zen­traler Bestandteil der Diagnostik. Bei einer undichten Mitralklappe könne man es zunächst mit einer medikamentösen Therapie versuchen, denn die Ursache sei oft eine Herzschwäche. Bei einer Stenose, also einer zu engen Öffnung, seien Medikamente jedoch meist keine Option, so die Chefärztin: „Mit Medikamenten kann man wunderbar den Blutdruck einstellen, man kann Wassereinlagerungen behandeln, aber eine Öffnung vergrößern? Nein ...“

Bis vor 15 Jahren sei dann nur ein herzchirurgischer Eingriff infrage gekommen. „Aber so eine Operation ist natürlich gerade für betagtere Patienten, die an vielen verschiedenen Erkrankungen leiden, eine sehr große Belastung“, sagt die Chefärztin, die in ihrer Freizeit gern Sport treibt und Halbmarathon läuft.

Neue Herzklappe kann ohne Operation eingesetzt werden

Mittlerweile könne man gerade älteren Patienten eine deutlich schonendere Variante anbieten: die Katheterklappe. „Das heißt, man muss den Brustkorb nicht öffnen, es gibt keinen Schnitt. Stattdessen geht man mit einem Schlauch durch die Leiste und über die Gefäße zum Herzen“, erklärt Dr. Britta Goldmann, eine der sehr wenigen Chefärztinnen im Fachbereich Kardiologie („erlebe es leider manchmal schon noch, dass ich gefragt werde, wann denn jetzt endlich mal ein Arzt zur Visite kommt“).

Knapp anderthalb Stunden dauert dieser Eingriff, bei dem dann eine neue Herzklappe eingesetzt wird. „Für den Patienten von Vorteil ist, dass wir das nicht unter Vollnarkose machen, sondern eine Schlafnarkose wählen: Das heißt, der Patient bekommt nichts mit, atmet aber selbst. Das ist für den Körper angenehmer, als wenn er an ein Beatmungsgerät muss.“

Schon nach fünf bis sieben Tagen könnten die Patienten in der Regel in die Reha entlassen werden, die meisten würden sehr schnell wieder mobil. Nach etwa vier Wochen kämen die Patienten noch einmal zur Nachsorge. „Erst neulich hatte ich in Harburg eine über 90-jährige Patientin, die sich nach dem Eingriff bei mir bedankte und glücklich erzählte, dass sie nun endlich wieder tanzen könne.“

Dr. Goldmann musste sich nicht "durchbeißen"

Dass sie „nicht nur behandeln, sondern auch reparieren“ könne, das schätzt Dr. Britta Goldmann an ihrem Fachbereich. „Insofern geht die Kardiologie, die ja Teil der Inneren Medizin ist, auch ein bisschen ins Chirurgische hinein“, sagt die Mutter einer 20-jährigen Tochter („studiert Politik, ist aber auch der Medizin nicht abgeneigt“), mit der sie gemeinsam Italienisch lernt und auch Pasta und Pizza kocht.

An der Kardiologie fasziniere sie, dass man es mit dem zentralen menschlichen Organ zu tun habe. „Das spielt eine Rolle, aber ich finde als Ärztin toll, dass ich so ein großes Spektrum behandeln kann. Ja, ich habe sehr viele ältere Patienten, aber es kommen auch junge Menschen mit Herzfehlern oder nach einem Herzinfarkt.“

Dass sie sich in einer Männerdomäne habe „durchbeißen“ müssen, habe sie nie so empfunden: „Kämpfen muss man immer, um in eine leitende Funktion zu kommen“, sagt die Chefärztin. „Aber als ich damals im UKE in der Kardiologie anfing, gab es außer mir nur noch drei Frauen. Das ist heute zum Glück anders, in meiner Klinik liegt das Geschlechterverhältnis bei 50:50.“