Hamburg. Rheumatoide Arthritis ist eine der häufigsten Formen des entzündlichen Gelenkleidens. Dr. Eva Christina Schwaneck erklärt, was hilft.

Die Handgelenke und/oder die Fingergelenke sind stark angeschwollen, entzündet, sie schmerzen: Es sind diese typischen Rheuma-Beschwerden, unter denen weltweit Millionen Betroffene leiden. Auch anlässlich des Welt-Rheuma-Tages, der seit 1996 jedes Jahr am 12. Oktober auf die Situation der Erkrankten aufmerksam machen soll, geht es in der „Digitalen Sprechstunde“, dem Podcast von Hamburger Abendblatt und Asklepios, in dieser Woche um eine der häufigsten Formen der Gelenkerkrankung: um Rheumatoide Arthritis.

„Ursache dafür ist ein kleiner Irrtum im System, der aber größere Folgen haben kann: Unser Immunsystem, das ja eigentlich den Körper vor Fremdstoffen schützen soll, wendet sich bei dieser Erkrankung quasi aus Versehen gegen körpereigene Strukturen“, erklärt Dr. Eva Christina Schwaneck, die seit August die Abteilung für Rheumatologie und klinische Immunologie an der Asklepios Klinik Altona leitet.

Immunsystem bekämpft aus Versehen Gewebe des Körpers

„Das Immunsystem bekämpft also etwas, gegen das es eigentlich nicht vorgehen sollte.“ Dadurch komme es zu einer chronischen Entzündung der Gelenke, die sich dann selbst verstärke. Warum das Immunsystem so fehlgeleitet wird, hat die Forschung noch nicht final geklärt. Prävention sei daher auch fast unmöglich. „Wir wissen, dass Rauchen das Risiko leicht erhöht, aber grundsätzlich kann die Erkrankung auch schon Kinder oder Zwanzigjährige treffen“, so die Medizinerin, die in den vergangenen zwölf Jahren an der Universitätsklinik ihrer Geburtsstadt Würzburg gearbeitet und geforscht hat.

Frauen seien deutlich häufiger betroffen als Männer und die Erkrankung trete oft entweder unter jungen Erwachsenen oder dann im hohen Alter auf. Ein Warnsignal: „Wenn die Gelenke angeschwollen sind und der Schmerz auch durch Ruhe nicht besser wird, dann sollte man zum Arzt“, sagt die verheiratete Mutter eines sieben Monate alten Jungen. Das sei ein deutlicher Unterschied zur Arthrose, einer Verschleißerscheinung, die in der Symptomatik manchmal ähnlich daherkomme: „Aber da lassen die Schmerzen in der Regel nach, wenn man die Gelenke ruhig hält.“ Grundsätzlich gelte: Spätestens drei Monate nach dem Auftreten der ersten Beschwerden, sollte begonnen werden, die Rheumatoide Arthritis zu behandeln.

Doch was ist die geeignete Therapie?

„Da hat sich sehr viel getan, so dass die Erkrankung sehr gut behandelbar ist. In den vergangenen 20 Jahren sind viele neue wirksame Medikamente auf den Markt gekommen.“ Der sogenannte „Goldstandard“ sei mittlerweile die Therapie mit Methotrexat (MTX), einem niedrig dosierten Chemotherapeutikum, das den Patienten einmal in der Woche gespritzt werde.

„Zwei Drittel der Patienten vertragen dieses Mittel sehr gut, ein Drittel hat mit Nebenwirkungen wie Übelkeit zu kämpfen“, so die 38-jährige Expertin. Für letztere Gruppe kämen dann eventuell ganz moderne Präparate infrage, sogenannte Biologika, gentechnisch hergestellte Antikörper. Und Kortison? „Das wird tatsächlich mitunter in einer niedrigen Dosierung gegeben, weil das MTX einige Wochen bis Monate braucht, ehe es anschlägt und wirkt.“

Ziel sei eine „Symptomfreiheit unter Therapie“, wie die Ärztin aus Altona es beschreibt. Sechs bis zwölf Wochen nach Beginn der Therapie werde der Erfolg kontrolliert. „In aller Regel sind die Patienten dann nahezu ohne Symptome und Beschwerden.“

Die Ärztin ist Yogalehrerin - und unterrichtet Patienten

Man könne sich zwar nicht grundsätzliche vor einer Rheumatoiden Arthritis schützen, aber gesunde Ernährung („mediterrane Kost“) und Bewegung seien, wie so oft, von Vorteil, sagt die Ärztin, die einen Teil ihres Praktischen Jahres in der indischen Metropole Bangalore verbracht hat und ausgebildete Yogalehrerin ist. An der Uniklinik Würzburg habe sie tatsächlich auch eine Gruppe von Patientinnen gemeinsam mit deren Ehemännern einmal in der Woche unterrichtet.

„Eine ganz tolle Erfahrung in doppelter Hinsicht: Denn als Yogalehrerin muss man sich da etwas einfallen lassen, weil klassische Übungen wie der herabschauende Hund für Rheumapatienten gar nicht so ohne Weiteres möglich sind. Und als Ärztin ist es spannend zu sehen, was doch geht und wie die Bewegung sich positiv auswirkt.“ So seien alle Teilnehmer nach kurzer Zeit besser in Balance gewesen, hätten auch im Alltag weniger zu Stürzen geneigt und Muskeln aufgebaut.

„Sportlich aktive Menschen, die sich gesund ernähren und ein gutes Körpergefühl haben sind immer im Vorteil, falls sie eben doch mal eine chronische Erkrankung bekommen sollten“, sagt die Medizinerin, die mit ihrer Familie gern am Elbstrand spaziert und entspannt. „Denn wer fit ist, steckt eine Erkrankung meist etwas besser weg und verkraftet oft auch die Therapie besser“, so Schwaneck. Ob sie künftig auch an der Asklepios Klinik Altona Yogastunden für Patienten anbiete, stehe noch nicht fest. „Denkbar ist es!“ Zunächst liege der Fokus aber auf der Station mit insgesamt zehn Betten und der optimalen Therapie ihrer Patienten.