Hamburg. Im Alter ist Herzinsuffizienz schon fast eine Volkskrankheit. Prof. Dr. Martin Bergmann spricht im Podcast über Vorsorge und Therapie.

Je älter wir werden, desto schwächer wird unser Herz. „Tatsächlich ist Herzinsuffizienz, wie wir Mediziner es nennen, eine klassische Alterserscheinung und unter den über 70-Jährigen fast schon eine Volkskrankheit“, sagt Professor Dr. Martin Bergmann in einer neuen Folge der „digitalen Sprechstunde“, dem Podcast von Hamburger Abendblatt und Asklepios.

Herzschwäche äußere sich vor allem durch „Luftnot unter Belastung“ – und darunter leiden zehn bis 15 Prozent der 70-Jährigen und schon bis zu 30 Prozent aller 80-Jährigen. Frauen und Männer seien zu gleichen Teilen betroffen. „Die Ursachen für ein schwächelndes Herz sind vielfältig“, erklärt der Chefarzt für innere Medizin von der Asklepios Klinik Wandsbek.

Ein großer Risikofaktor sei ein über Jahre erhöhter Blutdruck, in dessen Folge sich dann langsam eine oft schwierig zu erkennende Herzinsuffizienz entwickele. „Zu uns kommen vor allem Senioren, die zunehmend merken, dass sie schneller außer Atem sind, aufgrund von Luftnot nicht mehr weit laufen oder Treppen steigen können“, sagt der habilitierte Mediziner.

Immer mehr Herzschwäche-Patienten kommen früh

Die „liebsten Patienten“, das seien ihm vor allem ebenjene, die von sich aus vorstellig würden. „Denn wenn erst mal der Herzinfarkt da ist, der sich typischerweise durch ein starkes Druckgefühl auf der Brust äußert, dann hilft nur noch die 112, dann handelt es sich um einen Notfall, weil ein großer Teil des Herzmuskels akut in seiner Funktion bedroht ist.“

Zunehmend sei es aber zum Glück eben doch so, dass Betroffene bei ersten Symptomen einer Herzschwäche, wie der beschriebenen Luftnot oder Wassereinlagerungen im Fußgelenk (Knöchelödem), zum Arzt gehen. „Die meisten sagen dann: Ich kann nicht mehr so richtig, aber ich will unbedingt aktiv und selbstständig bleiben. Doc, was kannst du tun?“, erzählt Professor Dr. Martin Bergmann.

Das sei dann für sein Team und ihn der Zeitpunkt, um „die Diagnostik anzuschmeißen und die richtige Schublade aufzumachen“, wie der Chefkardiologe des AK Wandsbek es lachend beschreibt. Denn es gelte natürlich zunächst, die Ursache zu finden.

Meist schwächelt linke Herzhälfte

In den meisten Fällen sei die linke Herzhälfte eingeschränkt, seltener – dann meist in Folge einer Lungenerkrankung/Lungenembolie – die rechte. Es komme aber auch vor, dass beide Herzhälften schwächeln.

„Mit einer Ultraschalluntersuchung finden wir schnell heraus, wie es um die Herzfunktion bestellt ist, und ob die Herzklappen in Ordnung sind. Denn die Klappen verschleißen manchmal mit den Jahren“, sagt der gebürtige Bielefelder, der in Kiel aufgewachsen ist und dort auch Medizin studiert hat.

Grundsätzlich gelte: „Ein schwaches Herz können wir nicht wirklich heilen, weil es schlicht unmöglich ist, einen eingeschränkten Herzmuskel zur Normalfunktion zurückzubringen, aber wir können diese Erkrankung sehr, sehr gut behandeln“, sagt der Experte, der nach Stationen in London und an der Charité in Berlin nach Hamburg kam, hier zunächst als Stellvertreter von Professor Karl-Heinz Kuck in der Asklepios Klinik St. Georg tätig war, ehe er im vergangenen Jahr als Chef nach Wandsbek wechselte.

Immer seltener ist ein offener Eingriff notwendig

Doch wie läuft die Therapie ab? „Wir versuchen es zunächst mit Medikamenten, da gibt es eine Reihe von neuen, wirksamen Präparaten“, sagt der Mediziner. Selbst bei einem Herzklappenfehler müsse heute kein Chirurg mehr ran. „Als Vertreter der Katheter-Ärzte kann ich nur loben, was sich in den vergangenen Jahren auf diesem Gebiet getan hat.“

Denn während früher immer ein offener Eingriff, der gerade für ältere Patienten immer eine große körperliche Belastung darstellt, zwingend war, sei beispielsweise eine undichte Mitralklappe – eine der vier Klappen des Herzens – heute per Katheter binnen einer Stunde abgedichtet, und der Patient werde in der Regel schon nach einer Woche wieder entlassen. Der Fortschritt sei enorm, auch bei den Herzschrittmachern, die heute teils mit vier Sonden ausgestattet seien, habe sich viel verbessert.

„Dem Älterwerden können Sie nicht davonrennen“

Lässt sich ein schwaches Herz verhindern? „Schwierig“, sagt der dreifache Vater, der mit seiner Familie das Jollensegeln als gemeinsame Sportart entdeckt hat und mit einem Freund auch Wettbewerbe segelt. „Es hilft natürlich, nicht zu rauchen, Diabetes, Blutdruck und Cholesterinwerte im Blick zu haben.“ Und was ist mit Sport und gesunder Ernährung? „Alles gut und richtig und wichtig“, sagt der Chefarzt.

„Aber wer glaubt, dass er dem Älterwerden dadurch entkommen kann, der täuscht sich leider. Dafür habe ich in meiner Karriere schon zu viele Patienten behandelt, die immer gesund gelebt haben und die dann trotzdem irgendwann Schwierigkeiten mit dem Herzen bekommen haben.“