Das Scheitern eines ersten Rettungspakets für die angeschlagene Hypo Real Estate hat die Regierung zu dramatischen Notmaßnahmen genötigt: Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte erstmals einen Komplettschutz für alle Spareinlagen der Bürger in Aussicht.

Berlin. Die angekündigte Komplettgarantie deckt eine Summe von 568 Milliarden Euro ab. Diese Zahl nannte der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Torsten Albig, dem "Handelsblatt". Es gehe darum, alle Spargeldeinlagen, Termineinlagen und das Geld auf privaten Girokonten zu garantieren.

Zudem kündigte Kanzlerin Merkel eine Stabilisierung des Immobilienfinanzierers an. "Wir werden nicht zulassen, dass die Schieflage eines Finanzinstituts zu einer Schieflage des gesamten Systems wird", versicherte sie.

Zuvor hatten die privaten Banken die Unterstützung für ein vergangene Woche geschnürtes 35-Milliarden-Paket für die Hypo Real Estate zurückgezogen. Die Regierung rief einen Krisengipfel im Finanzministerium ein, der am Sonntagabend fieberhaft nach einer Lösung suchte.

Merkel sagte, kein Sparer in Deutschland müsse sich um seine Bankeinlagen sorgen. Dafür stehe die Bundesregierung ein. Auch Finanzminister Peer Steinbrück betonte, die Sparer müssten nicht befürchten, einen Euro ihrer Einlagen zu verlieren. "Dies ist ein wichtiges Signal, damit es zu einer Beruhigung kommt."

Geplant sei ein Komplettschutz für alle Spareinlagen, der über den Schutz der bisherigen Einlagensicherungssysteme hinausgehe, sagte Steinbrücks Sprecher Torsten Albig. Somit habe die Maßnahme eine "neue Qualität".

Gesetzlich geschützt sind in Deutschland bislang 90 Prozent der Einlagen, maximal jedoch 20.000 Euro. Darüber hinaus existieren freiwillige Sicherungsfonds der Banken mit einer sehr hohen Sicherungsgrenze. Abgesichert sind pro Anleger mindestens Einlagen von 1,5 Millionen Euro.

Im Finanzministerium versammelt waren Vertreter der Bundesregierung und der Finanzaufsichtsbehörde Bafin, Bundesbank-Präsident Axel Weber, Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann sowie der Präsident des Bundesverbands Deutscher Banken, Klaus-Peter Müller. "Das ist die große Pokerrunde", hieß es aus Finanzkreisen.

Die Teilnehmer standen unter Zeitdruck, um bis zur Öffnung der Aktienmärkte in Asien in der Nacht zum Montag eine Auffanglösung für den vom Zusammenbruch bedrohten DAX-Konzern zu finden.

Steinbrück sagte, die Risiken dürften nicht einseitig auf den Steuerzahler verlagert werden. Die Bundesregierung sei sich aber "ihrer gesamtstaatlichen Verantwortung bewusst, dass dieses Institut stabilisiert werden muss". Sonst wäre der Schaden für die und viele vernetzte Finanzdienstleister in Europa unabsehbar groß. Er sei "entsetzt, dass das Management dieser Bankengruppe in den letzten Tagen ein Liquiditätsloch in ungeahnter Milliardenhöhe offengelegt hat".

Die Hypo Real Estate (HRE) braucht offenbar deutlich mehr Geld als im ersten Rettungspaket vorgesehen. "Welt Online" berichtete, es fehlten bis Ende 2008 bis zu 50 Milliarden Euro und bis Ende 2009 im schlimmsten Fall 70 bis 100 Milliarden Euro. Die AP erfuhr aus Finanzkreisen, die Zahl für 2008 sei "nicht ganz falsch". 100 Milliarden Euro für das nächste Jahr sei jedoch zu hoch.