Auf der zentralen Feierstunde zum Tag der Deutschen Einheit in Hamburg zieht der Bundespräsident 18 Jahre nach der Wiedervereinigung eine positive Bilanz, räumte aber auch Fehler ein.

Hamburg. Bundespräsident Horst Köhler sieht das wieder zusammengewachsene Deutschland für die bevorstehenden großen Aufgaben gut gewappnet.

"Praktisch war es unmöglich, im Vereinigungsprozess immer genau zu wissen, was die richtige Entscheidung ist. Und deshalb wollen wir nicht länger so tun, als sei alles immer nur richtig gewesen", sagte Köhler. Der Hamburger Bürgermeister Ole von Beust, der die Feierlichkeiten als amtierender Bundesratspräsident in der Hansestadt ausrichtete, sagte, mit 18 Jahren sei die deutsche Einheit "vielleicht noch nicht ganz erwachsen, aber sie ist auf dem besten Weg dahin".

Die diesjährige Einheitsfeier stand unter dem Motto "Kulturnation Deutschland". An dem Festakt im Hamburger "Theater im Hafen" und einem vorausgegangenen ökumenischen Gottesdienst in der Hauptkirche St. Michaelis nahmen die höchsten Repräsentanten von Staat und Gesellschaft teil. Darunter waren auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundestagspräsident Norbert Lammert, der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, sowie mehrere Bundesminister und Ministerpräsidenten der Länder.

Köhler lobte als Hauptredner des Festakts die Errungenschaften der 18 Jahre seit Wiederherstellung der deutschen Einheit am 3. Oktober 1990. Auch wenn es Härten und Enttäuschungen gebe, sei dennoch klar: "Wir haben viel erreicht." Nicht nur im Osten, sondern auch im Westen habe der Strukturwandel der vergangenen Jahre für tiefe Verunsicherung gesorgt, räumte der Bundespräsident ein.

Die deutsche Wirtschaft habe aber Kraft bewiesen, habe sich erholt "und kann im internationalen Wettbewerb wieder gut mithalten, was uns auch in der aktuellen Finanzkrise hilft". Dennoch gebe es einen parteiübergreifenden Konsens, dass der Osten weiter eine besondere Unterstützung brauche.

Deutschland stehe nun vor weiteren großen Aufgaben, fuhr Köhler fort. Dabei gehe es um Arbeit, um Bildung, die allen gerechte Chancen gebe, sowie um die Integration verschiedener Bereiche wie Stadt und Land, Ost und West, Arm und Reich, einheimisch und mit Wurzeln außerhalb Deutschlands. "Vor diesen Aufgaben braucht uns nicht bange zu sein. Unser Land hat ja selbst in der jüngsten Geschichte weit größere Herausforderungen gemeistert - nach 1945, nach 1989", sagte das Staatsoberhaupt.

Deutschland habe aus der Geschichte gelernt und lerne weiter. "Lernfähigkeit ist Teil unserer Kultur, unseres Charakters geworden", hob Köhler hervor. Kulturlosigkeit öffne die Tür zur Barbarei, aber gerade die Deutschen wüssten auch, dass Kultur allein noch kein Schutzschild gegen Verblendung sei. Deutschland müsse sich weder größer noch kleiner machen, als es sei. "Deshalb bin ich dafür, dass wir auch unserer Führungsverantwortung in Europa nicht ausweichen. Unsere europäischen Partner erwarten das auch gar nicht", sagte Köhler weiter.

Der Hamburger Bürgermeister von Beust sagte: "Die Mauer in unseren Köpfen ist fast abgetragen." Stattdessen sei "ein Gefühl für unser Land entstanden".

Nachmittags sollte auf zahlreichen Bühnen und anderen Schauplätzen am Hamburger Hafen ein Bürgerfest stattfinden, das bis Sonntagabend fortgesetzt wird. Ein Großaufgebot von Polizisten beschützte die Einheitsfeierlichkeiten vor möglichen Störungen oder Demonstrationen.