In einem aufsehenerregenden Fall angeblicher Sterbehilfe stuft die Staatsanwaltschaft den Tod einer 79-Jährigen Frau aus Würzburg als normalen Suizid ohne Fremdbeteiligung ein.

"Es gibt keinen Anfangsverdacht für eine Straftat", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Clemens Lückemann am Dienstag. Die Obduktion habe ergeben, dass die Todesursache der Frau eine Medikamenten-Vergiftung war. Es seien keine Einstichstellen vorhanden; die Frau habe die Medikamente demnach selbst zu sich genommen. Hamburgs Ex-Justizsenator Roger Kusch hatte mitgeteilt, er habe der lebensmüden, aber nicht todkranken 79-Jährigen Sterbehilfe geleistet. Damit hatte er eine Welle der Empörung ausgelöst.

"Es handelt sich um einen normalen Suizid ohne rechtlich relevante Fremdbeteiligung", sagte Lückemann. "Kusch hat aktiv nichts gemacht." Es handle sich auch nicht um unterlassene Hilfeleistung, weil ein "frei verantwortlicher Suizid" vorliege. Die Vorermittlungen seien allerdings noch nicht abgeschlossen, weil die toxikologischen Untersuchungen noch längere Zeit in Anspruch nähmen.

Kuschs Aktion hatte bundesweit Empörung ausgelöst. Eine Allianz mehrerer Bundesländer will organisierte Sterbehilfe verbieten. Über einen entsprechenden Gesetzentwurf soll der Bundesrat eventuell bereits an diesem Freitag abstimmen. Nach dem Gesetzentwurf der Länder könne "gewerbliche und organisierte Suizidhilfe" mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden, teilte das baden- württembergische Justizministerium am Dienstag in Stuttgart mit. Das Land hatte den Entwurf gemeinsam mit Bayern, Thüringen, Hessen und dem Saarland erarbeitet. Auch Hamburg unterstützt ihn. Deutliche Ablehnung und Kritik kam zunächst lediglich aus Rheinland-Pfalz. Mehrere andere Länder wollten sich enthalten.

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) äußerte sich zurückhaltend, bekräftigte aber ihre Ablehnung von Sterbehilfe. "Eine Strafandrohung verhindert letztlich nicht den Wunsch vieler Menschen, aus Angst vor Schmerzen oder dem drohenden Verlust ihrer Würde die Entscheidung über ihr Leben selbst treffen zu wollen", sagte sie in Wismar. Aufgabe der Politik müsse es sein, solche Bedingungen zu schaffen, dass Menschen möglichst schmerzfrei und in Würde leben könnten. Empört äußerte sich die Ministerin über den umstrittenen Politiker Kusch: "Was Herr Kusch da getan hat, halte ich für makabre Propaganda."

Nach Kuschs Angaben hatte die Würzburger Rentnerin, der er am Wochenende Sterbehilfe geleistet haben will, Angst vor einem Leben im Pflegeheim. Um ihren freien Willen für den "begleiteten Suizid" zu demonstrieren, hatte Kusch Video-Interviews mit ihr gezeigt. Sowohl die Würzburger als auch die Hamburger Staatsanwaltschaft leiteten Ermittlungen ein.