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Schwadroniererei "Achtundsechziger - Eine Klarstellung zu jener Ära, über die nach 40 Jahren reichlich schwadroniert wird\", so wird der Artikel \"Rudi Dutschke und ich - zwei Lebensentwürfe\" von Peter Kruse angeworfen. Von allen Artikeln, die ich dazu bisher in den maßgeblichen Medien gelesen habe, setzt dieser der angeprangerten Schwadroniererei aber selbst die Krone auf. Allein der Titel lässt schon vermuten, dass der Autor darunter leidet, dass nicht ihm die kontroverse Ehre seines Widerparts zuteil wird. So drängt sich leider der Eindruck auf, dass hier das Protokoll einer psychoanalytischen Sitzung eines Patienten veröffentlicht wurde, der gegen eine ihm verwehrte öffentliche Anerkennung schwadroniert. Schade, denn das Thema ist viel interessanter, als der Autor es herunterzuspielen versucht. Das schiere Medieninteresse an der Person Dutschke spricht doch eindeutig dafür, dass sich durch, mit oder nach Dutschke irgendetwas verändert hat. Warum wollte man das überhaupt noch umdeuten - egal wo man politisch steht.

Journalistisch finde ich auch die stets einseitigen wertenden, mit geschickten Adjektiven gespickten \"Er... - ich...\" Gegenüberstellungen sehr zu kritisieren. Kurzum, da schreibt kein objektiver Journalist, sondern eine irgendwie gekränkte Seele, die nun auch noch erleben muss, dass die geliebte Kochstr. (im Artikel mehrfach erwähnt) nun Rudi-Dutschke-Str. heißen wird. Es gäbe so vieles zu kritisieren und zu beleuchten an der damaligen Zeit und an Dutschke, warum jemand stattdessen das Psychogramm seiner inneren Wunden veröffentlicht sehen will, werde ich nicht verstehen können.
Christian Heinisch, Reinfeld, per Mail

Tragik der Geschichte Hier der zum sogenannten Establishment gehörende Redakteur, der zeitlebens dem Springer Konzern verbunden ist, dort der revolutionär Getriebene, der überall Nazis vermutete. Zwei divergierende Ansichten, die Wahrheit wird wohl, wie so oft, in der Mitte liegen. Angesichts eines Globkes, eines Oberländers, eines Kiesingers, angesichts der alten Garde der Naziordensträger in der Bundeswehr und der nie verurteilten furchtbaren Juristen der Nazis war die Vermutung, die Nazis hätten in der jungen Republik wieder Deutungshoheit, nicht ganz unverständlich, wenn auch aus heutiger Sicht überzogen. Es gehört nur zur Tragik der Geschichte, daß sich ausgerechnet der Pressekonzern, dessen Vorsteher einer der engagiertesten Kämpfer gegen den Antisemitismus war, von konservativen Kräften, denen die ideologische Abgrenzung zu den Staatsantisemiten der Nazizeit nicht immer sauber gelang, als Büchsenspanner hat mißbrauchen lassen. Eine gewisse Unversöhnlichkeit wohnt dem Artikel inne. Schade, fast 30 Jahre nach Dutschkes Tod.
Andreas Kaluzny, per Mail


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