Der größte Streik in der Geschichte der Deutschen Bahn hat am Donnerstag im Norden Wirkung gezeigt. Der Betrieb im größten deutschen Seehafen Hamburg und im Ostseehafen Lübeck wurde eingeschränkt. Im Personenverkehr blieb die Lage dagegen entspannt.

Hamburg. Der Betrieb im größten deutschen Seehafen Hamburg und im Ostseehafen Lübeck wurde eingeschränkt. Auch Europas größter Rangierbahnhof in Maschen bei Hamburg bekam den Streik der Lokführergewerkschaft GDL mit stehengebliebenen Zügen zu spüren.

Reisende und Pendler hatten sich auf den Ausstand im Nah- und Fernverkehr rechtzeitig eingestellt. Sie stiegen auf private Bahnen, U-Bahnen, Busse und Autos um, ohne dass es zu erheblichem Gedränge in den Abteilen oder stundenlangen Staus auf den Autobahnen kam. Bis auf die Häfen beurteilten die Verkehrsbetriebe die Lage als entspannt. Die GDL war mit dem Streiktag zufrieden, der Ausstand soll bis Samstag Früh (2 Uhr) dauern.

Nach den erheblichen Behinderungen des Güterumschlags im Hamburger Hafen am Morgen hatte sich die Lage am Nachmittag wieder entspannt. "Wir haben noch Pufferkapazitäten", berichtete die Sprecherin der Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA), Christiane Kuhrt. Da keine Züge mehr aus dem Hinterland kämen, sei die Situation entschärft. Etwa die Hälfte aller Züge war ausgefallen, der Abtransport von Gütern aus dem Hafen beeinträchtigt. Im Hafen verkehren täglich rund 200 Güterzüge. Etwa ein Viertel davon gehört privaten Konkurrenten der Bahn-Frachttochter Railion, die weiterhin arbeiten.

"Je länger der Streik dauert, desto gravierender werden die Störungen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands der Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), Klaus Heitmann. Wenn sich die Beeinträchtigungen zunächst noch in Grenzen hielten, sei dies dem Wettbewerb auf der Schiene und der Leistungsfähigkeit der privaten Anbieter zu verdanken. Im Hamburger Hafen wird rund ein Drittel des Umschlags mit der Bahn abgewickelt.

Auch der Lübecker Hafen meldete "deutliche Probleme". Von sechs Zügen kamen nur drei; der Weitertransport von Papierlieferungen aus Schweden und Finnland geriet ins Stocken. Statt 500 Lastern im Normalbetrieb rollten etwa 700 an. Der Hafen Brunsbüttel wurde von dem Streik nicht unberührt.

Die GDL zog eine positive Zwischenbilanz. "Es gibt massive Behinderungen", sagte der GDL-Bezirksvorsitzende Norbert Quitter in Hamburg. "Wir werden Maschen (Rangierbahnhof) nicht komplett zum Erliegen bringen, aber der Arbeitskampf kommt inzwischen auch im Hamburger Hafen an." Bis zum Morgen hätten etwa 180 Lokführer in Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern die Arbeit niedergelegt. Die Mitarbeiter seien empört über Zeitungsanzeigen ihres Arbeitgebers Deutsche Bahn mit dem Titel "Stoppen Sie diesen Wahnsinn Herr Schell!". Das Unternehmen verbreite darin "Halbwahrheiten über seine angeblichen Angebote", sagte Quitter.

Der Pendler- und Reiseverkehr per Bahn verlief trotz der Einschränkungen durch den Streik weitgehend problemlos. Zwar seien im Nah- und Regionalverkehr in Schleswig-Holstein und Hamburg etwa die Hälfte der Züge ausgefallen, berichtete eine Sprecherin der Deutschen Bahn AG. Die Lage sei aber "entspannt geblieben". Die Regionalzüge zwischen Kiel und Hamburg, Hamburg und Padborg sowie zwischen Kiel und Lübeck fuhren nach Angaben der Bahn weitgehend regulär, einige Züge hatten Verspätungen.

In Hamburg verkehrten die wichtigsten S-Bahn-Linien eingeschränkt, aber planmäßig. Auch im abendlichen Berufsverkehr rechnete die Bahnvertreterin mit keinen Überraschungen: "Die Züge werden natürlich voller als normal. Aber das ist nichts, was wir nicht bewältigen könnten." Außerdem waren Pendler und Fahrgäste auf Privatbahnen umgestiegen.

Die Hamburger Hochbahn als Betreiberin der U-Bahn und des Busverkehrs verzeichnete nach Angaben einer Sprecherin "merklich" mehr Fahrgäste als an anderen Tagen. Auch sie sprach von einer "völlig entspannten" Situation. Extrazüge und -busse seien nicht benötigt worden. Am Zentralen Hamburger Busbahnhof (ZOB) war der Andrang von Reisewilligen ebenfalls größer als üblich. Nach Angaben des Busunternehmens Touring, das den Linienverkehr zwischen der Hansestadt und Berlin abwickelt, reichten die angebotenen Fahrkarten nicht aus. "Wir können die Nachfrage derzeit nicht befriedigen." Auf den Straßen rund um Hamburg blieb die Verkehrslage ruhig.