Auf zahlreichen Rechnern im Kanzleramt und in Bundesministerien haben Sicherheitsexperten Spionageprogramme entdeckt.

Berlin. Die China-Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird von Spionagevorwürfen gegen Peking überschattet. Nach einem Bericht des Magazins "Der Spiegel" sind zahlreiche Computer der Bundesregierung mit sogenannten Trojaner-Spähprogrammen infiziert, die aus China stammen. Neben dem Kanzleramt sollen auch das Wirtschafts- und das Forschungsministerium sowie das Auswärtige Amt betroffen sein. Die Bundesregierung bestätigte, dass Vorkehrungen getroffen wurden, um Angriffe mit Trojanern abzuwehren. Die angeblichen Attacken selbst wollte sie nicht bestätigen.

Der "Spiegel" stützt sich bei seinem Bericht auf das Ergebnis einer Überprüfung von zahlreichen Regierungscomputern durch den Verfassungsschutz und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. Die Regierung sei bereits im Mai von den Attacken informiert worden. Seither sei es Experten gelungen, den Abfluss von etwa 160 Gigabyte an Daten zu verhindern. Ein Sprecher des Innenministeriums sagte dazu in Berlin: "Angriffe mit Trojanern sind ein ständiges Problem." Bislang habe es aber keine erkennbaren Schäden gegeben.

Nach "Spiegel"-Informationen dauern die Versuche, solche Spionageprogramme über das Internet in Regierungscomputer einzuschleusen, trotz der Sicherheitsvorkehrungen unverändert an. Der Verfassungsschutz vermutet angeblich Hacker der chinesischen Armee als Urheber. Die Programme sollen als Word-Datei oder Powerpoint- Vortrag getarnt sein. Wird die Anwendung geöffnet, installiert sich das Programm automatisch, ohne dass es der Nutzer merkt. Die gesammelten Informationen werden dann über das Internet zurückgeschickt.

Kanzlerin Merkel äußerte sich zu den Vorwürfen nur indirekt. Im ZDF-Sommerinterview sagte sie: "Ich werde das in der Sache nicht kommentieren. Aber ich will nur sagen: Wir kümmern uns gerade im Verhältnis zu China sehr stark auch um den Schutz des geistigen Eigentums." Die chinesische Botschaft in Berlin bezeichnete den "Spiegel"-Bericht als "verantwortungslose Spekulation ohne jegliche Beweisgrundlage". In Peking war zunächst kein Kommentar zu erhalten.