Streng gläubiges Ehepaar hatte Töchter nicht zur Schule geschickt. Sie fürchten einen schlechten Einfluß der öffentlichen Schulen und kritisieren das Niveau der Schulausbildung.

HAMBURG. Ein streng gläubiges Ehepaar muß nach einem Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Altona eine Geldstrafe von insgesamt 840 Euro zahlen, weil es seine drei ältesten Töchter nicht zur Schule geschickt hat. Die Eltern unterrichteten die schulpflichtigen Kinder statt dessen seit drei Jahren zu Hause, weil sie einen schlechten Einfluß der öffentlichen Schulen auf ihre Töchter fürchteten und das Niveau der Ausbildung kritisierten. "Sie stellen ihren eigenen Glauben über die verfassungsmäßig gesicherten Grundrechte der Kinder", begründete der Richter seine Entscheidung.

Er warf der 38 Jahre alten Mutter und dem 43 Jahre alten Vater vor, ihre insgesamt sechs Kinder in der "heilen Welt" der Familie zu isolieren und damit ihre eigenverantwortliche Entwicklung zu verhindern. Eine soziale Fähigkeit wie Toleranz werde gerade in der Auseinandersetzung und im Konflikt mit anders lebenden und denkenden Menschen erlernt. Zudem hätten die Eltern kein tragfähiges Konzept für den Heimunterricht. "Die Kinder werden es im Leben später einmal sehr schwer haben", meinte der Richter.

In einem fast zweistündigen Schlußwort hatten die Eltern zuvor ihre Schulverweigerung begründet. "Wir Christen haben einen Erziehungsauftrag, den können eigentlich nur die Eltern erfüllen", sagte der Vater, ein Pädagoge mit erstem Staatsexamen. Die Pisa-Studie und die Gewalt an den öffentlichen Schulen seien allein Grund genug, die Kinder daheim zu unterrichten. Die Kinder, ein Sohn und fünf Töchter im Alter zwischen einem und 14 Jahren, würden zu Hause "richtig lebenstüchtig gemacht".

"Selbst wenn ich meinen Kindern sagen würde, geht zur Schule, würden sie die erste Pause nutzen, um da weg zu kommen", meinte der Vater. Das Ehepaar hatte bis zum Bundesverfassungsgericht erfolglos gegen die Schulpflicht für seine Kinder gekämpft. Die Eltern hatten die beiden ältesten Töchter von einer Privatschule genommen und nicht an einer öffentlichen Schule angemeldet. Die dritte schulpflichtige Tochter war erst gar nicht zu einer Schule geschickt worden.

Der Staatsanwalt hatte für die Eltern, die aus freien Stücken in bescheidenen finanziellen Verhältnissen leben, eine Geldstrafe von je 630 Euro gefordert. "Wenn Sie Ihre Haltung nicht ändern, werden Sie auch mit einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung rechnen müssen", sagte er in seinem Plädoyer.