Hamburg . Die schwere Ausschreitungen beim G-20-Gipfel liegen fast eineinhalb Jahre zurück – Polizei sucht aber immer noch nach Randalierern.

Die Polizei verfolgt die Randalierer und Plünderer des G-20-Gipfels weiter mit voller Härte: Fast eineinhalb Jahre nach den schweren Ausschreitungen wurde am Donnerstag eine vierte Öffentlichkeitsfahndung gestartet. Die Polizei veröffentlichte Fotos von zunächst 53 bislang unbekannten Tatverdächtigen, darunter zwei Frauen. Schon kurz nach Beginn der Öffentlichkeitsfahndung konnte die Polizei bereits erste Erfolge verzeichnen: Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen gab es bis gestern Abend vier Identifizierungen.

Die Ermittlungen gegen die nun namentlich bekannten Beschuldigten werden durch die Ermittlungsgruppe „Schwarzer Block“ und die Staatsanwaltschaft Hamburg fortgeführt. Die verbleibenden 49 Verdächtigen sind – zum Teil jeweils auf mehreren Fotos – unter polizei.hamburg/g20-fahndungen zu sehen.

Jede Fotofahndung von Amtsrichter genehmigt

Die von der Ermittlungsgruppe „Schwarzer Block“ gesuchten Menschen stünden im Verdacht, Straftaten von erheblicher Bedeutung begangen zu haben. Jede einzelne Fotofahndung sei auf Antrag der Staatsanwaltschaft von einem Amtsrichter genehmigt worden.

Voraussetzung sei, dass eine vorhergehende interne Fahndung der Polizei erfolglos geblieben sei. „Die G-20-Straftäter dürfen sich nach wie vor nicht sicher fühlen“, sagte der Polizeisprecher Timo Zill. Vor knapp einem Jahr hatten Polizei und Staatsanwaltschaft erstmals eine Öffentlichkeitsfahndung nach mutmaßlichen G20-Gewalttätern begonnen. Dabei wurde um Hinweise auf 107 Verdächtige gebeten. Eine weitere Aktion mit 101 Fahndungsfotos folgte Mitte Mai. Im August stellten die Ermittler erneut Aufnahmen von 73 Gesuchten ins Internet, seit September bittet die Hamburger Polizei europaweit um Hinweise zu vier Tatverdächtigen.

Insgesamt wurden bisher Fotos von 338 Personen veröffentlicht. Allerdings hat die Polizei die Bilder der nicht identifizierten Tatverdächtigen aus den beiden ersten Aktionen inzwischen von ihrer Internetseite entfernt. Fotos von erkannten Personen müssen sofort aus der Fahndung genommen werden.

Kritik an Verhältnismäßigkeit der Fotofahndung

Es gibt aber auch Kritik an der Verhältnismäßigkeit der Aktion. Kurz vor Weihnachten 2017 hatte die Polizei zum ersten Mal mit einer Öffentlichkeitsfahndung nach mutmaßlichen G20-Randalierern gesucht. Damals kritisierte der Linken-Justizpolitiker Martin Dolzer: „Eine solche Fahndung darf, wenn überhaupt, dann nur streng reguliert angewandt werden. Eigentlich muss bei jedem einzelnen Bild genau abgewogen werden, ob die abgebildete Person dringend tatverdächtig ist, die Schwere des Delikts diese Art der Verfolgung rechtfertigt und auf keine andere Weise eine Aufenthaltsermittlung möglich ist.“

Mehr als 100 Bilder waren damals veröffentlicht worden. 35 Verdächtige wurden identifiziert; es gab zwei Anklagen und einen Strafbefehl. Die Polizei bewertet die bisherigen Ergebnisse der Fahndungsaktionen als Erfolg. Normalerweise würden durch Öffentlichkeitsfahndungen nur zehn Prozent der Gesuchten identifiziert. Bei den G-20-Ermittlungen sei die Quote sehr viel höher. Konnten nach der ersten Veröffentlichung allerdings noch die Identität von 36 Prozent der Verdächtigen geklärt werden, waren es nach der dritten nur noch 18 Prozent.

Insgesamt werden von der Ermittlungsgruppe „Schwarzer Block“ rund 3500 Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit G 20 geführt. In 780 Fällen davon ermitteln die Beamten gegen etwa 880 namentlich bekannte Personen. „Wir werden die Ermittlungen mit Hochdruck auch im Jahr 2019 fortsetzen“, sagt Sprecher Timo Zill.

Prozess gegen Autonome von der Elbchausse beginnt

Am kommenden Dienstag beginnt der Prozess gegen fünf mutmaßliche Autonome, die bei den Ausschreitungen auf der Elbchaussee am Morgen des 7. Juli 2017 dabei gewesen sein sollen. In einer geschlossenen Formation hatten damals rund 220 Vermummte eine Schneise der Verwüstung hinterlassen.

Die Vermummten beschädigten unter anderem Scheiben von zahlreichen Wohn- und Geschäftsgebäuden mit Steinen, Werkzeugen und sonstigen Gegenständen, besprühten Fassaden und zündeten Knallkörper und Brandsätze. Nach Angaben der Polizei wurden mit Pyrotechnik 19 am Fahrbahnrand abgestellte Fahrzeuge angezündet, die vollständig ausbrannten. Weitere 19 Fahrzeuge wurden durch äußere Gewalteinwirkung ebenfalls beschädigt. Sogar ein Laden in einem Wohnhaus hatten die Gewalttäter versucht, in Brand zu setzen – glücklicherweise ohne Erfolg. Es entstand ein Sachschaden in Höhe von rund einer Million Euro.

Angeklagt sind vier junge Männer aus Hessen und ein 23 Jahre alter Franzose. Sie sollen sich am Donners Park dem Aufmarsch angeschlossen haben. Ihnen wird Landfriedensbruch in einem besonders schweren Fall vorgeworfen, außerdem Mittäterschaft bei Brandstiftung, gefährliche Körperverletzung und Verstoß gegen das Waffengesetz.