Höchst selten, dass Wolle, Lupo und die anderen Banausen formvollendet Danke sagen. Vorgestern, beim Fremdgehen in einem libanesischen Restaurant jedoch, war es so weit. Es fehlten nur noch Diener und Fußkuss. Die umfassende Dankbarkeit bezog sich auf meine hanseatische Zurückhaltung in den vergangenen Wochen. Kein Wort des Hohns und Spotts in Sachen HSV kam über meine Lippen – obwohl es Gelegenheiten zuhauf gegeben hätte, Elfmeter in Serie quasi. Man soll nicht Menschen treten, die ohnehin schon am Boden liegen. Bisweilen ist Schweigen eben mehr.

Der Autor ist Chefreporter beim Abendblatt
Der Autor ist Chefreporter beim Abendblatt © Michael Zapf

Nach und nach wagen es Wolle & Co., wieder aus dem Untergrund aufzutauchen. Zaghaft und devot, aber immerhin. Außerdem wird in der kommenden Woche die WM angepfiffen. Lupo zumindest scheint exzellent vorbereitet: Sein vor dem Libanesen abgestellter Großraumwagen ist geschmückt wie ein Karnevalsfahrzeug. Schwarz, Rot, Gold. Zwischen Scheiben und Rahmen sind Flaggen eingeklemmt, die Rückspiegel mit einer Art Kondom verkleidet. Am Heck hängen monströse Magnettafeln mit dem Bundesadler. Immer mehr werden seinem Beispiel demnächst folgen.

Lupo scheint sich nicht zu schämen. Im Gegenteil. „Ist wegen der Kinder“, schwindelt er. Ebenso wahrscheinlich wie das Feuerzeug in Deutschlandfarben, der Flaschenöffner mit eingebauter Hymne und die Tröte am Schlüsselbund. „Du musst das verstehen“, sagt der Sportsfreund fast entschuldigend, „endlich können wir als Fußballfans wieder Farbe bekennen.“

Zumindest in nächster Zeit. Wenn Jogis Jungs in Russland nicht den vorzeitigen Abflug machen. Bis 24. August ist im deutschen Fußball Sommerpause – in der Ersten Liga zumindest. Doch diese fiese Anmerkung wollte Lupo nicht mehr hören. Empört brauste er davon.