Dass geburtenstarke Jahrgänge kein Gerücht sind, sehen wir an den vielen runden Geburtstagen – ja, die berüchtigte 50 ist gemeint –, zu denen wir in diesem Jahr mehrmals pro Woche eingeladen werden. Und es war eine originelle Idee unserer Freundin Kathrin, uns zu ihrer Geburtstagsparty ins Kir zu bitten, einer kuscheligen, dunklen, heißen Disco-Bar in Eimsbüttel, in der noch geraucht werden darf und in der wir uns sofort in unsere eigene Sturm-und-Drang-Zeit vor gut 30 Jahren zurückversetzt fühlten.

Soweit es meinen Schatz und mich betrifft – falls Sie es interessiert –, müssen wir verschämt zugeben, dass wir etwa genauso lange keine Diskothek mehr betreten hatten. Das Nightlife des fortgeschritteneren Alters setzt eben andere Prioritäten. Aber wir werden bestimmt umdenken, denn früher war zwar nicht alles besser, aber vieles war sehr gut – auch weil sich am Ablauf des Sonnabendnacht-Disco-Infernos im Grunde nichts geändert hat und es für uns Silberfüchse lauter Vorteile gibt:

Alexander Schuller
Alexander Schuller © HA | Michael Rauhe

1. Da die Hörfähigkeit ab 50 nachlässt, kann die Musik nie laut genug sein.

2. Es ist sowieso sehr wichtig, dass die Musik die Singerei auf der Tanzfläche übertönt („Don’t You Want Me, Baby!“).

3. Ein halbstündiges Potpourri aus AC/DC, den Ärzten, David Bowie und Earth Wind and Fire ersetzt mühelos drei Stunden Nordic Walking.

4. Der DJ nickt zwar jedes Mal, doch er erfüllt höchstens zehn Prozent der Musikwünsche.

5. Es gibt immer einen männlichen Gast, der Salsa tanzen kann und mindestens ein Dutzend Frauen, die das toll finden, was deren männliche Begleiter nicht so toll finden.

6. Headbangen kann auch mit spärlicher Haarpracht ausgeübt werden.

7. Bei Ü-50ern wirkt das Spielen einer Luftgitarre filigraner.

8. Den DJ finden zwar alle irgendwie immer „Scheiße“, aber komischerweise ist die Tanzfläche voll.

9. Im Laufe von drei Stunden stürmt mindestens eine Frau wegen eines spontanen­ Salsatanzen-Beziehungsdramas schluchzend auf die Toilette.

10. In dem Augenblick, in dem man die Diskothek verlässt, legt der DJ immer den Titel auf, auf den man den ganzen Abend vergeblich gewartet hat.