Bis vor gar nicht langer Zeit trugen Helden grundsätzlich einen kecken Lendenschurz und Riemchensandalen, duschten eher selten und badeten – im Ausnahmefall wie der gehörnte Siegfried – höchstens mal in Drachenblut. Oder sie verkloppen – wie Batman – Bösewichte und Schurken. Heldentum hat eben immer was mit Tapferkeit und vor allem der Entschlossenheit zu tun, ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit das Unmögliche zu wagen – was für viele Heldinnen und Helden der Geschichte leider recht häufig mit dem Tod endete.

Der Held, der gestern Abend vor meiner Tür stand, trug einen rot-weißen Overall, eine Baseballmütze und drückte mir einen Pappkarton in die Hand, der eine mehr oder weniger lauwarme Pizza „Vierjahreszeiten“ mit „doppelt Käse“ enthielt. Er war ein „Lieferheld“ und bestimmt ist es nicht jedermanns Sache, auf einem Elektrofahrrad durchs Hamburger Schietwetter zu cruisen, bloß weil ein Großstädter mal wieder nichts im Kühlschrank hatte. Doch sei die Frage erlaubt, ob der immerhin freiwillige Aufenthalt­ im Freien bei Starkregen und böigem Wind ausreicht, um das Anforderungsprofil eines Helden zu erfüllen. Anscheinend reichen ja heute ein paar Fachkenntnisse und ein klitzekleines bisschen Leidenschaft für den Beruf aus, um in den Heldenstatus zu gelangen.

Wer also den Fassonschnitt beherrscht, nennt sich „Haarheld“ statt Friseur; ölverschmierte Kfz-Mechaniker sind allerorten zu „Schrauberhelden“ mutiert; in der Gastronomie arbeiten längst bloß noch „Tresenhelden“ und „Kochhelden“, und wenn es um die Betreuung älterer und kranker Menschen geht, kommen selbstverständlich „Pflegehelden“ zum Einsatz (wobei dies tatsächlich Heldenmut erfordert). Immerhin werden diese Helden von heute entlohnt, wenn auch ziemlich miserabel.