Seit Ende Oktober in Lammfellschuhen und Angoraunterwäsche herumzulaufen hat nichts genützt. Der Kopf ist schwer, die Nase läuft, der Blick wird trübe. Und plötzlich wimmelt es von Hobbymedizinern. „Granatapfel, jeden Morgen im Müsli“, raunt mir die Nachbarin zu, „ich hatte seit Jahren nichts mehr“. Am nächsten Tag stehe ich hüstelnd mit dem Hammer in der Küche. Warum gehen die verdammten Kerne da nicht raus, fluche ich und schlage auf die rote Frucht, bis der Senior von nebenan zur Mittagsruhe ermahnt.

„Löwenzahn hat mega viel Vitamin C“, rät die Freundin, als sie meine Erdbeernase sieht: „Am besten auf dem Spielplatz sammeln.“ Ach so, weil da keine Hunde hin ... (Sie wissen schon). Bei anbrechender Dunkelheit wage ich mich zum nächsten umzäunten Sandkasten, krieche in Kapuzenjacke verstohlen durch die Hecke, peinlich, so ganz ohne Kinder hier auf Kräuterjagd zu gehen, die Mütter tuscheln schon. Wenigstens schmeckt der Smoothie mit dem Kaninchenfutter am Ende ganz passabel.

In der Mittagspause bleibt der Blick am Schaufenster der Apotheke hängen. Das mannshoch abgebildete Medikament verspricht Heilung in Lichtgeschwindigkeit, „rein pflanzlich“. Blöd, sehe ich daheim auf dem Beipackzettel, dass man dafür jede halbe Stunde 10 Tropfen einnehmen muss. Und bloß nicht mit einem Metalllöffel, dafür aber unbedingt das Zeug drei Minuten in der Mundhöhle lassen, also nicht sprechen. Wunderbar peinlich im Büro. Und wenn dann jemand anruft? Abends reicht die Kondition nur noch fürs Sofa und eine Tiersendung aus der Tundra. Der beste Tipp gegen Grippe kommt, na klar, schon wieder aus der Natur. Im nächsten Jahr wird Winterschlaf gehalten.