Hamburg/Lübeck. Willi S. in Rahlstedt gefasst. Schleswig-Holsteins Justizministerin Sütterlin-Waack: Kommunikationspanne führte zur Flucht.

Fahndungserfolg für die Hamburger Polizei: Beamte haben in Rahlstedt einen Strafgefangenen aus Lübeck gefasst, der bei einem Verwandtenbesuch in Horn geflohen war. Der 65-Jährige wurde am Mittwochabend festgenommen, wie die Polizei Lübeck mitteilte.

Die Beamten hatten einen Hinweis aus der Bevölkerung auf den Aufenthaltsort des Gesuchten bekommen. Demnach sollte sich Willi S. in der Wohnung eines Mehrfamilienhauses in Rahlstedt aufhalten, teilte die Sprecherin der Lübecker Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwältin Ulla Hingst, auf Abendblatt-Anfrage mit. Wie sich herausstellte, handelte es sich dabei um die Wohnung eines Familienangehörigen von Willi S. Beamte des Landeskriminalamtes Hamburg hätten den 65-Jährigen um 18.10 Uhr gefasst, bei dem "geordneten und gesicherten" Zugriff sei auch ein Polizeihund eingesetzt worden. „Der Gefangene ließ sich widerstandslos festnehmen“, so Hingst weiter. Er kam in das Untersuchungsgefängnis am Holstenglacis und soll zeitnah wieder in die Justizvollzugsanstalt Lübeck überstellt werden.

Der wegen Mordversuchs verurteilte Mann hat höchstwahrscheinlich eine Kommunikationspanne zwischen seinen beiden Begleitern zur Flucht genutzt. „Nach eigenen, übereinstimmenden Angaben haben sie es in einer bestimmten Situation versäumt, sich über die konkrete Bewachung des Gefangenen abzustimmen“, erklärte am Mittwoch Justizministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU). „Dieses Versäumnis nutzte der Mann zur Flucht.“

Die Ministerin erklärte: „Ich freue mich sehr über diesen schnellen Fahndungserfolg. (...) Ungeachtet dieser Festnahme werden die genauen Umstände der Ausführung und der Flucht des Mannes weiter intensiv aufgearbeitet.“

Es gebe noch offene Fragen zum genauen Ablauf der Ausführung, gab die Ministerin weiter an. „Die Begleiter des Strafgefangenen werden mir als erfahren und zuverlässig geschildert. In diesem Einzelfall haben sie aber einen Fehler gemacht.“ Nun sei zu klären, warum dies geschah und welche Konsequenzen hieraus zu ziehen sind. „Mir geht es nicht darum, Sündenböcke zu benennen“, sagte Sütterlin-Waack. Aber aus Fehlern müsse man lernen.

Flucht bei Familienbesuch

Der 65-Jährige war am Dienstag bei einem Familienbesuch in Hamburg seinen Begleitern entkommen. Eine sofort eingeleitete Fahndung blieb ergebnislos. Der Mann war wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt worden. Das reguläre Strafende ist am 10. Februar 2021 erreicht. Im Anschluss daran ist eine Sicherungsverwahrung vorgesehen. Der Gefangene hatte nach Angaben der JVA seit September 2015 bereits fünfmal unter Aufsicht das Gefängnis verlassen dürfen, ohne dass es zu Problemen gekommen war.

Die Flucht als solche sei keine Straftat, sagte Oberstaatsanwältin Hingst. Wie die Haft im Lichte des Vorfalls nun ausgestaltet werde, obliege allerdings der Justizvollzugsanstalt.