Kleine Birken wedeln mit den Blättern, hohe Gräser neigen sich im Wind, begleitet vom Nickel gelber Blüten zwei Etagen höher. Auf den umlaufenden Balkonen des Allianz-Hochhauses am Großen Burstah gedeiht die Natur prächtig. Seit sechs Jahren erobert sie ganz ungestört und ohne Pflege das leer stehende Gebäude zurück, das im kommenden Jahr zugunsten eines neuen Viertels abgerissen werden soll.

Das Grün vor der grauen Fassade erinnert unweigerlich an die Bilder des Feldstraßenbunkers mit seinem geplanten pyramidenförmigen Dachgarten. Um dessen Beständigkeit machen sich ja viele Menschen Sorgen, was angesichts der Allianz-Balkone völlig unbegründet erscheint. Vor allem, wenn man sich anschaut, wo sich die Natur noch überall in der Stadt ausbreitet – und zwar an Stellen, wo sie ganz und gar nicht ungestört ist. Zum Beispiel, um in der Innenstadt zu bleiben, auf den Treppenstufen, die hinunter zur S-Bahn-Station Stadthausbrücke führen. Weder Grasbüschel noch Löwenzahn lassen sich dort von den Passanten stören. Ebenso wenig die Brennnesseln, die derzeit fast mannshoch am Rande vieler Rad- und Gehwege wuchern. Oder das Grün auf den Verkehrsinseln.

Jedenfalls sollten sich die Bauherren des Allianz-Projekts langsam ranhalten mit dem Abriss. Da muss man ja nur den knotenblütigen Scheiberich, die Doldige Gänsekresse oder sonst ein Gewächs finden, das auf der Roten Liste steht. Und schon ist der Betonklotz ein Biotop. Auch ohne Wasserschierlingsfenchel.