Es gibt ein nicht auszurottendes Vorurteil: dass Frauen gerne shoppen gehen. Ja, wenn einem in einer Auslage ein Paar schicke Schuhe ins Auge sticht, es auch dann in der passenden Größe vorrätig und darüber hinaus noch bequem ist, dann ist Einkaufen eine Freude. Aber gezielt loszugehen, weil man etwas Bestimmtes braucht, ist wahrlich kein Vergnügen.

Mit seinem Sohn den ersten Anzug zu kaufen, ist beispielsweise ein echter Angang. Schon weil junge Männer ganz klare Vorstellungen haben, die nicht immer deckungsgleich mit denen ihrer Mütter sind. Umso wohltuender, wenn eine echte Fachverkäuferin die Kundschaft unter ihre Fittiche nimmt und man nach einer guten halben Stunde mit Anzug, Hemd und Gürtel an die Kasse geht. Dort faltet eine Verpackungskünstlerin mit geschickten Fingern das Sakko – in einer Weise, die man nie zuvor gesehen hat. Wie ging das noch mal, fragt man. Sie zeigt es gern ein weiteres Mal vor und betont: „Wir haben montagmorgens hier immer einen kleinen Faltkurs – für Anfänger.“ Ist nicht wahr, aber fast hätte man den Scherz geglaubt. Die Laune ist bestens.

Die Autorin ist stellvertretende Leiterin des Hamburg-Ressorts
Die Autorin ist stellvertretende Leiterin des Hamburg-Ressorts © HA / Andreas Laible

Dafür gestaltet sich die Suche nach Anzugschuhen ziemlich mühsam. Die schicken Modelle erscheinen dem Sohn nicht ausreichend bequem, die bequemen Schuhe sehen leider genauso aus. Im nächsten Schuhgeschäft bietet der kluge Verkäufer der inzwischen leicht genervten Mutter, also mir, als erstes einen Platz auf dem bequemen Sofa an, ehe er die Fußform seines jungen Kunden begutachtet. Keine halbe Stunde ist das richtige Paar gefunden.

Es geht doch nichts über Verkäufer, die ihr Geschäft und ihre Kunden verstehen. Da könnte man schreien vor Glück.