Mädelsabend! Auch wenn meine Freundinnen und ich das Alter, in dem man sich zutreffend als „Mädel“ bezeichnen kann, seit Ewigkeiten überschritten haben: Auf unsere möglichst regelmäßigen Treffen lassen wir nichts kommen. Wir sind ein Quartett aus Frauen, das außer einem ähnlichen Level des Alters auch der Umstand eint, dass wir alle in soliden Beziehungen leben, und das gefühlt seit dem frühen 18. Jahrhundert.

Deshalb freuen wir uns immer, wenn Claudia zu uns stößt. Anders als wir anderen vier führt sie ein eher wechselhaftes Leben. Gebannt lauschen wir dann ihren Erzählungen von dem jeweils neuen Mann an ihrer Seite, seinen besonderen Vorzügen und den Schattenseiten, welchen Sport er treibt oder ob er lieber faul auf dem Sofa lümmelt, ob er ausschließlich Fantasyfilme schätzt oder auch für Romantik auf dem Bildschirm zu haben ist. Doch eines haben die Kerle, von denen wir in den vergangenen Jahren gehört haben, gemeinsam: das relativ geringe Verfallsdatum. Dann entpuppt sich der ehemalige Traumtyp als Klotz am Bein oder ewiger Nörgler, als Spaßbremse oder Faulpelz.

Doch diesmal hatten wir Hoffnung. Von ihrem neuen Begleiter schwärmte Claudia in den höchsten Tönen. Wie aufmerksam er doch sei, bemüht und stets an ihrem Befinden interessiert. „Guten Morgen, wie geht es heute?“ will er nach dem Aufwachen als Erstes wissen. Und fragt regelmäßig im Laufe des Tages: „Lust auf einen Spaziergang?“

Wo liest man so einen seltenen Schatz auf, wollten wir wissen. Im Elek­tronikhandel, beschied sie uns ernüchternd. Denn ihr neuer Begleiter ist mitnichten aus Fleisch und Blut, sondern aus Metall und Kunststoff: Claudia hat sich ein Fitnessarmband angeschafft. Das verfolgt im wahrsten Sinne jeden ihrer Schritte, zählt zuverlässig mit, misst verbrauchte Kalorien und Herzschlag und fordert sie regelmäßig auf, immer mal wieder in die Hufe zu kommen, damit sie gesund bleibt. „Rechtes Bein, linkes Bein“, heißt es dann beispielsweise auf dem Display, „noch 2387 Schritte“ oder eben: „Lust auf einen Spaziergang?“

Ganz nett so weit, aber eben doch weit entfernt von dem, was wir uns als Traumpartner vorstellen. Marianne, diejenige von uns, die nicht gerade süchtig nach körperlicher Aktivität ist, winkt gleich ab. „Ein Fitnessarmband?“, fragt sie empört. „Nicht mit mir. Da kaufe ich mir für den Anfang lieber einen Bewegungsmelder.“